COVID: KH-Kennzahlen im Pandemiejahr 2020

Die Bundesländer haben sich im Rahmen der Gesundheitsreform 2013 (Zielsteuerung) zum Rückbau des stationären Bereichs zugunsten des ambulanten Bereichs verpflichtet. Entsprechend kann seit Jahren ein stetiger Rückgang bei den KH-Betten und den KH-Aufenthalten/Belagstagen beobachtet werden. Da die Belagstage deutlich schneller reduziert werden als die Betten, sinkt auch die KH-Auslastung kontinuierlich.

Auch im Pandemiejahr 20202 hat sich der Bettenabbau in den öffentlichen Krankenhäusern (Fonds-KHs) in sämtlichen Bundesländern fortgesetzt: minus 1417 Betten (-3%). Auch in Wien, wo der zuständige Gesundheitsstadtrat erst 2020 die Gesundheitsexperten für die Forderung nach einer Fortsetzung des KH-Bettenabbaus (“ambulant statt stationär”) hart kritisierte (LINK).

Noch stärker als die KH-Betten sind die Aufenthalte (ohne O-Tagesaufenthalte) zurückgegangen: minus 300.000 Aufenthalte (-16%). Gleichzeitig die Auslastung um 9%-Punkte auf 65,5% gesunken ist. Der Rückgang der Aufenthalte und der Auslastung war 2020 wohl größtenteils pandemiebedingt, da viele geplante Aufenthalte verschoben wurden und viele Selbstzuweiser-Aufenthalte ausblieben.

 

Quelle: http://www.kaz.bmgf.gv.at/

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COVID: Pflegeheime 2021

Insgesamt sind während der Pandemie knapp 4000 Pflegeheimbewohner an COVID verstorben, davon knapp 700 im Jahr 2021 (LINK). Die COVID-Impfung hat zumindest seit Anfang des Jahres sehr geholfen, die Fälle und Todesfälle stark zu reduzieren. Lag die 7-Tageinzidenz bei Pflegeheimbewohnern in der ersten Jänner-Woche noch bei 1100, ist sie bis Mitte August auf 12 gesunken. Im selben Zeitraum hat sich die 7-Tageinzidenz der Pflegeheimbewohner deutlich gegenüber der 7-Tageinzidenz der Gesamt-Bevölkerung und der Bevölkerung über 85 Jahren verbessert. Was vor allem daran liegt, dass die Pflegeheimbewohner im Impfplan priorisiert wurden.

 

 

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COVID: Altersverteilung der Intensivfälle

Das Gesundheitsministerium veröffentlicht monatlich die Altersverteilung der COVID-Intensivfälle (LINK). Anhand der bisher veröffentlichten “Factsheets” lassen sich folgende zeitliche Bereiche darstellen: März-Aug 2020, Sep-Dez 2020, Jän-März 2021, April 2021, Mai 2021 (siehe Tabelle).

Im zeitlichen Verlauf verzeichnete die älteste Altersgruppe (Ü80) den stärksten Rückgang. Bei ihr ist der Anteil an den COVID-Intensivfällen von 22 Prozent auf 7 Prozent zurückgegangen. Maßgeblich ausschlaggebend dafür war wohl, dass die Älteren entsprechend der Impfstrategie zuerst geimpft wurden und hier somit der Impfeffekt am schnellsten einsetzte. Dass der Anteil der jüngeren Intensivfälle (U40) durch die Nachreihung Impfpriorisierung außergewöhnlich stark angestiegen wären, zeigen die Zahlen jedoch nicht. Sprich: die Schreckensnachrichten im April, die suggerieren sollten, dass quasi nur noch Junge auf den Intensivstationen liegen würden, lassen sich anhand der Zahlen des Gesundheitsministeriums nicht bestätigen. Für die leichte Reduktion des Durchschnittsalters der COVID-Intensivfälle scheint fast ausschließlich der Impfeffekt verantwortlich zu sein.

Detaillierte Berechnungen zum Impfeffekt findet man hier: LINK.

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COVID: Unterschiede bei den Wiener Bezirksimpfquoten

Vor kurzem wurden die COVID-Impfdaten für Gemeinden veröffentlicht (LINK). Anhand dieser Daten kann abgeschätzt werden, wie stark die Unterschiede in den Wiener Bezirken auf demographische Unterschiede zurückzuführen sind. Die Unterschiede in Wien wurden zuletzt mehrfach diskutiert, wobei häufig auf die Altersunterschiede in Wien verwiesen wurde. Da es für Kinder keine Impfzulassung gibt, ist naheliegend, dass in “älteren” Bezirken höhere Impfquoten vorzufinden sind.

Diesen Zusammenhang – je älter der Bezirk, desto höher die Impfquote – kann man auch für Wien erkennen, allerdings erklärt die Demographie nicht sämtliche Unterschiede (siehe Grafik). Auch andere Faktoren, wie z.B.: sozioökonomische Faktoren, scheinen eine Rolle bei den Unterschieden zu spielen. Schlussendlich ist jedoch die Politik letztverantwortlich. Dass sozioökonomische Faktoren in der Pandemie eine zentrale Rollen spielen, stand bereits am Beginn der Pandemie fest. Maßnahmen wie Aufklärungskampagnen fanden aber nur sehr zögerlich Platz in den Pandemiestrategien. Schlussendlich konnte in Wien vor allem in von der ÖVP und den Grünen geführten Bezirken besser mobilisiert werden als in SPÖ-geführten Bezirken.

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COVID: 7-Tageinzidenz für Geimpfte und Ungeimpfte

Interessante, aber auch enttäuschende Ergebnisse brachte die Anfragebeantwortung des Gesundheitsministeriums an Gerald Loacker (LINK). Zwar lieferte die Beantwortung Zahlen darüber, wie wenige COVID-Fälle nur auf Geimpfte zurückzuführen sind: nämlich nur 0,5% auf Vollgeimpften bzw. 1,5% auf sämtliche Geimpfte (voll- und teilgeimpft). Allerdings hat das Ministerium bisher offenbar keine Daten gesammelt, wie viele/wenige COVID-Hospitalisierungen auf Geimpfte zurückzuführen sind. Was nach einem Jahr Pandemie doch sehr überraschend ist. Natürlich ist davon auszugehen, dass es sehr wenige sind, weil die COVID-Verläufe bei Geimpften in der Regel milder sind, aber man wüsste es halt trotzdem gerne etwas genauer…

Davon abgesehen, dass das Ministerium die systematische Datensammlung offenbar nur sehr zaghaft angeht, scheint man das Potential der bestehenden Daten nicht wirklich zu nutzen. Ein häufige Forderung der letzten Monate war, dass man doch bitte die 7-Tageinzidenz für Geimpfte und Ungeimpfte berechnen möge. Bis dato ist das aber nicht erfolgt. Anhand der Daten  zu Impfdurchbrüchen (siehe Anfragebeantwortung) und der AGES-/BMG-Daten zu COVID-Fällen und Impfungen wäre es jedoch schon längst möglich gewesen. Darum hier ein Versuch.

Berechnung der 7-Tageinzidenz nach Geimpfen und Ungeimpften

Für eine Berechnung der 7-Tageinzidenz für Geimpfte und Ungeimpfte sind nur drei Schritte nötig. Verglichen zur herkömmlichen 7-TI-Berechnung, muss nur vorab in Geimpfte und Geimpfte selektiert werden: sowohl die COVID-Fälle (Zähler) als auch die Bevölkerung (Nenner).

Da die “Impfdurchbrüche” (COVID-Fälle bei Geimpften) in der Anfragebeantwortung nach Monaten aufgeschlüsselt sind, müssen im ersten Schritt die monatlichen COVID-Fälle der AGES-Datenbank (LINK) in geimpfte und ungeimpfte Fälle aufgeteilt werden. Danach muss im zweiten Schritt die Bevölkerung anhand der Impfzahlen der BMG-Impfstatistik (LINK) ebenfalls in Geimpfte und Ungeimpfte getrennt werden. Der  dritte Schritt ist bekannt; wie bei der normalen 7-Tageinzidenz, die Fälle und die Bevölkerung ins Verhältnis setzen. Das Ergebnis ist in diesem Fall zunächst die Monatsinzidenz. Mithilfe der Tage pro Monat (zB.: Februar:  28 Tage) kann die Monatsinzidenz schlussendlich noch auf 7-Tageinzidenz umgeschlüsselt werden. 

Ergebnisse nach Bundesländern:

Österreich

Burgenland:

Kärnten:

Niederösterreich:

Oberösterreich:

Salzburg:

Steiermark:

Tirol:

Vorarlberg:

Wien:

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COVID-Gastpatienten

Der Wiener Gesundheitsstadtrat Hacker warf Ende März bzw. Anfang April dem Land Niederösterreich und dem Land Burgenland vor, sie würden ihre COVID-Intensivpatienten in Wien behandeln lassen. Es ist grundsätzlich nichts Neues, dass der Wiener Gesundheitsstadtrat hin und wieder eher im Freistil argumentiert, und so stellte sich ein wenig später und wenig überraschend bei einer “Standard”-Recherche heraus, dass Mitte April lediglich ein einziger Burgenländer wegen COVID in Wien auf einer Intensivstation lag (LINK). Insgesamt waren damals 5 Prozent der COVID-Intensivpatienten in Wien sogenannte “Gastpatienten”, also Patienten mit Wohnsitz außerhalb des Bundeslandes.

Nun liegen  die Daten von März 2020 bis Februar 2021 vor. In diesem Zeitraum versorgte Wien 980 COVID-Intensivpatienten, davon waren 41 oder 4,2 Prozent Gastpatienten (Tabelle 1). Damit rangierte Wien bei der COVID-Mitversorgung im Bundesschnitt. Die höchsten Mitversorgungsquoten wiesen das Burgenland (13,9 Prozent) und Salzburg (8,5 Prozent) auf.

Die Mitversorgung von Gastpatienten ist auch in Nicht-COVID-Zeiten nichts Außergewöhnliches. Aber verglichen zu sämtlichen KH-Patienten war die Mitversorgung bei COVID-Patienten eher gering. Denn während die Bundesländer insgesamt 12,1 Prozent Gastpatienten mitversorgen (Tabelle 3), lag die Quote bei COVID-Intensivpatienten  nur bei 4,3 Prozent. Für Wien ist der Unterschied noch deutlicher: 21,2 Prozent zu 4,2 Prozent.

Zusammenfassend ist die COVID-Mitversorgung nicht so groß wie sie der Wiener Gesundheitsstadtrat suggeriert hatte. Auch abseits von COVID ist die Mitversorgung absolut üblich, speziell in Verbindung mit Wien und NÖ. Um es griffig darzustellen, stehen aus Gründen der Versorgungseffizienz praktisch einige Krankenhäuser für Niederösterreicher in Zentrumslage in Wien – vor allem für die Niederösterreicher im Wiener Speckgürtel. Die Mitversorgung ist natürlich nicht gratis oder völlig ungeplant, sondern zwischen den Bundesländern mittels Finanzausgleich paktiert. So bekommt Wien für die Mitversorgung von Gastpatienten jährlich über 300 Mio. Euro.

Tabelle 1: COVID-Intensivpatienten – Mitversorgung von Gastpatienten

Tabelle 2: COVID-KH-Patienten – Mitversorgung von Gastpatienten

 

Tabelle 3: sämtliche KH-Aufenthalte – Mitversorgung von Gastpatienten

Tabelle 4: COVID-Gastpatienten-Anteil nach Monaten (intensiv)

Tabelle 5: COVID-Gastpatienten-Anteil nach Monaten (intensiv + normal)

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COVID-Prognosen des Gesundheitsministeriums

COVID-Prognosen des Gesundheitsministeriums

Das sogenannte “Prognosekonsortium” erstellt für das Gesundheitsministerium (BMSGPK) regelmäßig COVID-Prognosen (7-Tageinzidenz, COVID-Hospitalisierung). Diese Prognosen sind unter anderem Entscheidungsgrundlage für die Maßnahmen in der Pandemie und werden  dem parlamentarischen Hauptausschuss bei Verlängerungen von COVID-Maßnahmen vorgelegt. Der Prognosezeitraum für die 7-Tageinzidenz ist auf acht Tage begrenzt, womit Prognoseabweichungen von der tatsächlichen Entwicklung nicht durch gesetzte Maßnahmen im Prognosezeitraum erklärt werden können. Maßnahmen spiegeln sich nämlich frühestens mit zehn Tagen Verzögerung in der Infektionsentwicklung wider.

Vergleich: Tatsächliche Entwicklung mit Prognosekonsortium-Prognosen

In zwölf vorliegenden Prognosen hat das Prognosekonsortium die Entwicklung des Infektionsgeschehens zweimal fast genau prognostiziert, einmal unterschätzt und neunmal überschätzt. In den meisten Fällen hat das Prognosekonsortium somit das Infektionsgeschehen überschätzt. Zudem hat das Konsortium die Trendumkehr im Infektionsgeschehen Ende März nicht erkannt.

Vergleich: Excel-Trendanalysen mit Prognosen des Prognosekonsortiums

Interessant dabei ist, dass simple Excel-Trendanalyseprognosen (Trendfortschreibung der vergangenen Woche für die nächsten acht Tage) in der Mehrheit der Fälle weniger von der tatsächlichen Infektionsentwicklung abwichen als die Prognosen des Prognosekonsortiums. In drei Prognosezeiträumen lagen die komplexen Prognosen und die Trendanalysen ähnlich nah beim (bzw. weit weg vom) tatsächlichen Wert. Bei zwei Prognosen schnitten die komplexen Analysen besser ab und in sieben Fällen lagen die Trendanalysen schlussendlich näher beim tatsächlichen 7-Tageinzidenzwert. Lässt man die Vergleichskategorie “ähnlich nah” weg, schnitten die simplen Excel-Trendanalyse-Prognosen in neun von zwölf Fällen besser ab als die komplexen Prognosen des Prognosekonsortiums.

Besonders interessant ist außerdem, dass das Prognosekonsortium nicht nur die Trendumkehr beim Infektionsgeschehen Ende März nicht vorzeitig erkannte, sondern dass auch die simple Excel-Trendprognose für Ende März bzw. Anfang April deutlich besser abschnitt als die Prognose des Prognosekonsortiums.

Allgemein zugängliche Prognosen

Prognosen

Detail-Prognosen des BMSGPK

Prognose 02.02.2021

Prognose 12.02.2021

Prognose 23.02.2021

Prognose 04.03.2021

Prognose 18.03.2021

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Gewinner und Verlierer eines Risikostrukturausgleichs

RSA-Diskussion wieder aufgeflammt

In den letzten Wochen ist erneut eine Diskussion über die faire Finanzmittelverteilung im österreichischen Krankenkassensystem  aufgeflammt. Konkret geht es um einen Kassenfinanzkraftausgleich, einen sogenannten Risikostrukturausgleich (RSA). Das erste mal wurde das Thema 2017 im Gesundheitsausschuss zum Thema gemacht, der entsprechende Antrag (LINK) wurde damals von der rot-schwarzen Mehrheit allerdings nicht angenommen. Schade. Dass die Mittelverteilung im öst. Kassensystem nicht optimal ist, wurde bereits hier gezeigt – Vermögensverteilung und Ginikoeffizient (LINK).

Vor 2018: Klar abgesteckte Kassensubsysteme. Kammern zufrieden.

Mit dem Regierungswechsel 2017/2018 hat sich aber einiges getan. Denn mit der schwarz-blauen Kassenreform wurden die klaren rot-schwarzen Grenzen im Kassensystem aufgebrochen. So konnte man vor 2018 die Kassen noch in 5 klar abgetrennte Subsysteme einteilen. Das größte Subsystem waren die  unterfinanzierten GKKn, die aber von der AUVA quersubventioniert wurde. Astronomisch gesprochen, schwirrten im KV-Sonnensystem vier kleine bodenschatzhaltige „Gesteinsplaneten“ (die finanzstarken BVA, SVA, SVB, VAEB) außerhalb des Gravitationsfeldes des „Gasriesen“ GKK mit seinem “Mond” AUVA.  Das war zwar für die Versicherten  alles andere als perfekt, stellte sich aber für die roten und schwarzen Kammerfunktionäre sehr ausgeglichen dar. Jeder konnte in seinem Subsystem sein eigenes Süppchen kochen.

Ab 2018: Streit im Kammern-Sandkasten: Kammer vs. Kammer

Als die schwarz-blaue Regierung 2018 allerdings den Finanzfluss zwischen AUVA und GKKn unterbinden wollte, um die (an sich begrüßenswerte) AUVA-Beitragssenkung durchzuführen,  hat es das erste mal gekracht.  Und das Krachen hat seither nicht mehr aufgehört. Das war politisch absehbar, denn ohne AUVA-Quersubvention (ca. 300 Mio. Euro jährlich), sind die GKKn nicht bedarfsgerecht finanziert. Um die AUVA-Beitragssenkung politisch reibungslos durchzuführen, hätte Schwarz-Blau mit dem Kappen der AUVA-Quersubventionen einen RSA zwischen den Krankenkassen etablieren müssen. Das ist aber jedoch nicht geschehen.

Wer würde von einem RSA profitieren und wer verlieren

Die Ironie dabei ist, dass zwei schwarze Träger (SVA/Selbständige, SVB/Bauern) von einem RSA massiv profitieren würden. Nur die BVA/Beamte würden künftig mehr Solidarität mit den GKKn leisten müssen, was für die “Wirtschaftspartei” ÖVP offenbar nicht vertretbar ist, never ever, die GÖD ist und bleibt der stärkste “ÖVP-Bund”.

Um nun besser darzustellen, wer von einem RSA profitieren würde und wer verlieren würde, soll folgende Grafik helfen. Jene Kassen die unter der schwarzen Linie liegen, wären die Gewinner und jene Kassen die über der Linie liegen, wären die Verlierer. Die schwarze Linie (Regressionslinie) stellt den altersstandardisierten Finanzbedarf der Kassen dar – errechnet aus der „Punktwolke“. Da die wichtigste Ausgleichsvariable eines RSA das “Alter” ist, wurden in der Regressions-Grafik “Alter” und “Einnahmen je Kopf” gegenübergestellt.

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Wie wärs mit Prämiensenkungen statt Sonderklasse-Ambulanzen?

Die KAKUG-Novelle ist grundsätzlich vielversprechend (LINK). Die reduzierten Organisationsformen sollen neustrukturiert werden, wodurch die Bevölkerung in kleineren Abteilungs-Einheiten bedarfsgerechter versorgt werden kann. Gewisse Leistungen sollen überhaupt nur noch spitalsambulant abrechenbar sein, weil die ambulante Versorgung aufgrund des medizinischen Fortschritts möglich ist.

Bei letzterem Punkt liegt aber der Hund begraben. Denn durch die Verlagerung von stationären Leistungen in den ambulanten Bereich können für bestimmte Leistungen keine Sonderklasse-Gebühren mehr mit den Privatversicherungen abgerechnet werden, da die sogenannte „Hotelkomponente“ (“Klassezimmer”) in Spitalsambulanzen naturgemäß nicht möglich ist.

Das Land NÖ bezifferte den Einnahmenverlust in seiner KAKUG-Stellungnahme mit 600.000 Euro (LINK). Das kann aber kein Argument für Sonderklasse-Ambulanzen sein, denn die stärkere ambulante Versorgung sollte den Einnahmenverlust locker auf der Ausgabenseite kompensieren. Wenn man bedenkt, dass die NÖ Krankenhäuser jährlich 2 Mrd. Euro ausgeben, sind zumindest 600.000 Euro (=0,0006 Mrd. Euro) Einsparungen durch das KAKUG-Novelle nichts. Anderfalls ist die Novelle sinnols.

Aber man kann sich ausmalen, um was es wirklich geht. Am stärksten beklagt werden die abhanden kommenden Sonderklasse-Gelder nämlich nicht von den Krankenhaus-Betriebswirten, sondern von der ärztlichen Standesvertretung. Und dabei geht es wohl in erster Linie um die ärztlichen Sonderklasse-Honorare (erheblicher Teil der Sonderklasse-Gebühren) und weniger um die Patienten oder die Krankenhaus-Gebarung.

Und jetzt wird’s so richtig österreichisch. Anstatt aufgrund der wegfallenden stationären Sonderklasse-Leistungen auf Senkungen bei den Privatversicherungs-Prämien zu drängen, wird mit aller Gewalt versucht, ambulante Leistungen zu finden, womit auch in den Spitalsambulanzen Sonderklasse-Gebühren mit den Privatversicherungen abgerechnet werden können.

Bisher hat man diese ominösen Leistungen, die Sonderklasse-Ambulanzen rechtfertigen, nicht gefunden. Dementsprechend stümperhaft waren die Erklärungsversuche der Regierung bisher (z.B.: “Business-Lounge”). Wahrscheinlich wird man am Ende Ledersesseln in die Ambulanzen stellen, damit die am besten bezahlte Berufsgruppe in den Spitälern nur ja nicht um die ihre privaten Bonuszahlungen umfällt. Die grundsätzliche Frage/Antwort, was die ärztlichen Sonderklasse-Honorare mit der Hotelkomponente zu tun haben, steht aber auf einem anderen Blatt.

Natürlich kann man aus pragmatischer Sicht darüber diskutieren, wie die Sonderklasse-Honorare Gehaltsbestandteil aller Berufsgruppen eines KHs werden. Eine direkte Verrechnung mit den Ärzten kann aber nur zu einer Bevorzugung von Sonderklasse-Patienten führen – abseits der Hotelkomponente. Bis das geklärt ist, ist eine Prämiensenkung das Sinnvollste.

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Gini-Koeffizient – Kassen-Vermögensverteilung in der GKV (BRD) und der SV (Ö)

Der Gini-Koeffizient ist ein Maß, wie (un)gleich Vermögen in einer Gesellschaft verteilt ist. Ein gewisser Grad von Ungleichheit ist unproblematisch. Problematisch wird es aber dann, wenn die Ungleichheit ein bestimmtes Maß erreicht hat und die eigene Situation nicht verbessert werden kann. Sprich: wenn kein  Aufstieg möglich ist.

SV (Ö): Beruf entscheidet über Kassenzuordnung

Genau dieses Problem liegt zu einem erheblichen Ausmaß im österreichischen Krankenkassensystem vor. Wer eine Angestellten- oder Arbeiter-Karriere verfolgt, ist einer Gebietskrankenkasse (GKK) zugeordnet und kommt aus diesem Versichertenverhältnis nicht raus. Die GKKn sind jedoch (unverschludet) systematisch unterfinanziert, während beispielsweise die Beamtenversicherung (BVA) vergleichsweise überfinanziert ist. Die bessere finanzielle Ausstattung der BVA liegt jedoch nicht an höherer Effizienz, sondern ist versichertenstrukturbedingt. So muss die BVA keine beitragsschwachen Gruppen, wie Arbeitslose oder Mindestsicherungsbezieher, versichern. Zudem gibt es in der Beamtenschaft überproportional viele Akademiker, die in der Regel überdurchschnittlich verdienen. “Aufstieg” zu besseren Kassenleistungen ist im österreichischen Kassensystem also nur möglich, wenn man ein Beamtenkarriere verfolgt…

GKV (BRD): freie Kassenwahl, jeder darf zur besten Kasse

Im moderneren deutschen Kassensystem ist das komplett anderes, sprich: fairer. Dort gibt es keine berufsständische Zuordnungen zu den Krankenkassen, sondern die freie Kassenwahl, wodurch jeder zur “besten Kasse” wechseln kann. Außerdem gibt es im deutschen Kassensystem ein umfassendes Finanzkraftausgleichssystem, dass Einnahmen- und Ausgabenrisiko-Unterschiede ausgleicht, die von den Kassen nicht beeinflusst werden können – Risikostrukturausgleich. Damit ist die Vermögensverteilung zwischen den Krankenkassen von vornherein gleichmäßiger als in Österreich.

GKV schneidet bei der Vermögensverteilung deutlich besser ab

Berechnet man den Grad der Vermögens-Ungleichverteilung (Gini-Koeffizient), dann schneidet das durchlässige deutsche Kassensystem (GKV) wenig überraschend deutlich besser ab als das undurchlässige österreichische Krankenkassensystem (SV). Ein hoher Gini-Koeffizient bedeutet, dass das Vermögen ungleicher verteilt ist (Range: 0 bis 1; 0… Gleichverteilung; 1… einer hat alles). Zwar ist der Gini-Koeffizient für die SV zwischen 2013 und 2017 von 0,61 auf 0,53 gesunken, der GKV-Vergleichswert lag zuletzt aber gerade mal bei der Hälfte (2017: 0,26).

 

Abb. 1: Gini-Koeffizient GVK und SV

 

Gründe für den bessere Kassen-Vermögensverteilung in Deutschland:

Wie bereits zuvor erklärt, gibt es in Deutschland einen umfassenden Risikostrukturausgleich, der die Finanzkraft der Kassen entsprechend der Altersstruktur und Morbidität der Versicherten ausgleicht. Damit ist eine gleichmäßigere Vermögensverteilung  vorab gesichert. Zudem gibt es die freie Kassenwahl. Und gewechselt wird in erster Linie zu Kassen mit Vermögensvorsprüngen, die folglich bessere Zusatzleistungen anbieten können.

Der Anstieg des GKV-Gini-Koeffizienten bis 2015 und der darauf folgende Abfall  lassen sich mit der Freigabe der Zusatzbeiträge erklären. Seit 2015 können nämlich Kassen in Vermögensüberhänge über niedrigere Zusatzbeiträge indirekt „ausschütten“. Davon machen vor allem Kassen in unterversorgten Gebieten (Ostdeutschland) Gebrauch. Zum einem gleichen sich dadurch die Vermögensstände an, was den Gini-Koeffizienten sinken lässt, und zum anderen müssen schlechter versorgte Versicherte weniger Beiträge zahlen.

Das deutsche Kassensystem verfolgt somit den Grundsatz: „gleiche Leistung und (!) gleiches Angebot für gleiche Beiträge“, während das österreichische System lediglich den Grundsatz „gleiche Leistung für gleiche Beiträge, aber nur im gleichen Träger“. Mit diesem Zitat des ÖVP-Klubobmann Wöginger ist die niedrige Fairness der SV abschließend sehr schön beschrieben. Und ohne Risikostrukturausgleich, am besten in Verbindung mit der „freien Kassenwahl“, wird sich an der Ungerechtigkeit und der schiefen Vermögenslage unseres Kassensystems auch nix ändern. Aber an der verkrusteten, ständeorientierten österreichischen Sozialversicherung wird auch die vorliegende SV-Reform nix ändern…

 

Anhang:

Pro-Kopf-Reinvermögenswerte von 30 deutschen Krankenkassen und den österreichischen Krankenkassen   

 

Deutschland GKV

 Österreich SV

 

 

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