Gini-Koeffizient – Kassen-Vermögensverteilung in der GKV (BRD) und der SV (Ö)

Der Gini-Koeffizient ist ein Maß, wie (un)gleich Vermögen in einer Gesellschaft verteilt ist. Ein gewisser Grad von Ungleichheit ist unproblematisch. Problematisch wird es aber dann, wenn die Ungleichheit ein bestimmtes Maß erreicht hat und die eigene Situation nicht verbessert werden kann. Sprich: wenn kein  Aufstieg möglich ist.

SV (Ö): Beruf entscheidet über Kassenzuordnung

Genau dieses Problem liegt zu einem erheblichen Ausmaß im österreichischen Krankenkassensystem vor. Wer eine Angestellten- oder Arbeiter-Karriere verfolgt, ist einer Gebietskrankenkasse (GKK) zugeordnet und kommt aus diesem Versichertenverhältnis nicht raus. Die GKKn sind jedoch (unverschludet) systematisch unterfinanziert, während beispielsweise die Beamtenversicherung (BVA) vergleichsweise überfinanziert ist. Die bessere finanzielle Ausstattung der BVA liegt jedoch nicht an höherer Effizienz, sondern ist versichertenstrukturbedingt. So muss die BVA keine beitragsschwachen Gruppen, wie Arbeitslose oder Mindestsicherungsbezieher, versichern. Zudem gibt es in der Beamtenschaft überproportional viele Akademiker, die in der Regel überdurchschnittlich verdienen. “Aufstieg” zu besseren Kassenleistungen ist im österreichischen Kassensystem also nur möglich, wenn man ein Beamtenkarriere verfolgt…

GKV (BRD): freie Kassenwahl, jeder darf zur besten Kasse

Im moderneren deutschen Kassensystem ist das komplett anderes, sprich: fairer. Dort gibt es keine berufsständische Zuordnungen zu den Krankenkassen, sondern die freie Kassenwahl, wodurch jeder zur “besten Kasse” wechseln kann. Außerdem gibt es im deutschen Kassensystem ein umfassendes Finanzkraftausgleichssystem, dass Einnahmen- und Ausgabenrisiko-Unterschiede ausgleicht, die von den Kassen nicht beeinflusst werden können – Risikostrukturausgleich. Damit ist die Vermögensverteilung zwischen den Krankenkassen von vornherein gleichmäßiger als in Österreich.

GKV schneidet bei der Vermögensverteilung deutlich besser ab

Berechnet man den Grad der Vermögens-Ungleichverteilung (Gini-Koeffizient), dann schneidet das durchlässige deutsche Kassensystem (GKV) wenig überraschend deutlich besser ab als das undurchlässige österreichische Krankenkassensystem (SV). Ein hoher Gini-Koeffizient bedeutet, dass das Vermögen ungleicher verteilt ist (Range: 0 bis 1; 0… Gleichverteilung; 1… einer hat alles). Zwar ist der Gini-Koeffizient für die SV zwischen 2013 und 2017 von 0,61 auf 0,53 gesunken, der GKV-Vergleichswert lag zuletzt aber gerade mal bei der Hälfte (2017: 0,26).

 

Abb. 1: Gini-Koeffizient GVK und SV

 

Gründe für den bessere Kassen-Vermögensverteilung in Deutschland:

Wie bereits zuvor erklärt, gibt es in Deutschland einen umfassenden Risikostrukturausgleich, der die Finanzkraft der Kassen entsprechend der Altersstruktur und Morbidität der Versicherten ausgleicht. Damit ist eine gleichmäßigere Vermögensverteilung  vorab gesichert. Zudem gibt es die freie Kassenwahl. Und gewechselt wird in erster Linie zu Kassen mit Vermögensvorsprüngen, die folglich bessere Zusatzleistungen anbieten können.

Der Anstieg des GKV-Gini-Koeffizienten bis 2015 und der darauf folgende Abfall  lassen sich mit der Freigabe der Zusatzbeiträge erklären. Seit 2015 können nämlich Kassen in Vermögensüberhänge über niedrigere Zusatzbeiträge indirekt „ausschütten“. Davon machen vor allem Kassen in unterversorgten Gebieten (Ostdeutschland) Gebrauch. Zum einem gleichen sich dadurch die Vermögensstände an, was den Gini-Koeffizienten sinken lässt, und zum anderen müssen schlechter versorgte Versicherte weniger Beiträge zahlen.

Das deutsche Kassensystem verfolgt somit den Grundsatz: „gleiche Leistung und (!) gleiches Angebot für gleiche Beiträge“, während das österreichische System lediglich den Grundsatz „gleiche Leistung für gleiche Beiträge, aber nur im gleichen Träger“. Mit diesem Zitat des ÖVP-Klubobmann Wöginger ist die niedrige Fairness der SV abschließend sehr schön beschrieben. Und ohne Risikostrukturausgleich, am besten in Verbindung mit der „freien Kassenwahl“, wird sich an der Ungerechtigkeit und der schiefen Vermögenslage unseres Kassensystems auch nix ändern. Aber an der verkrusteten, ständeorientierten österreichischen Sozialversicherung wird auch die vorliegende SV-Reform nix ändern…

 

Anhang:

Pro-Kopf-Reinvermögenswerte von 30 deutschen Krankenkassen und den österreichischen Krankenkassen   

 

Deutschland GKV

 Österreich SV

 

 

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