Wie effektiv setzen Bundesländer ihre Spitalsbetten ein, sprich: wie viele Einwohner werden mit einem Spitalsbett erreicht?

Aufbau:

1) Einleitung
2) Kennzahlen zur Versorgungs-Effizienz/Effektivität
3) Daten für die Berechnung von Einzugsgebieten
4) Vergleich der Bettenwirkungsgrade (Einzugsgebiet je Spitalsbett) in den Bundesländern

1) Einleitung

Um festzustellen, wie viele Einwohner die Bundesländer mit ihren Spitalsbetten erreichen, müssen zunächst mit Hilfe von Patientenbewegungs-Daten Einzugsgebiete errechnet werden. Patientenbewegungs-Daten findet man in den jährlich erscheinenden Publikation des BMG „Krankenanstalten in Zahlen“ (Publikationen vor 2011 erhält man auf Anfrage beim BMG) oder in der Statistik-Austria Datenbank „STATcube“.

Die Berechnung des Einzugsgebietes basiert auf Patientenbewegungen zwischen den regionalen Einheiten (z.B.: Bezirken). Dabei werden die Patientenbewegungen auf die Gesamtbevölkerung umgelegt (FÜLÖP 1999, Seite 55). Wenn sich beispielsweise 10% (“Hausnummer”) der Bregenzer Patienten in Feldkirch behandeln lassen, nimmt man an, dass sämtliche Bregenzer mit einer 10%igen Wahrscheinlichkeit in ein Spital nach Feldkirch gehen würden. Dementsprechend werden 10% der Bregenzer Bevölkerung dem Einzugsgebiet der Feldkircher Krankenhäuser zurgerechnet.

Daran angelehnt, errechnete der Bundesrechnungshof die Einzugsgebiete der Industrieviertler Spitäler (BRH-Bericht Niederösterreich 2012/3, Seite 57f). In einem Bericht des NÖ Landesrechnungshofes wurde zumindest auf den „Einzugsbereich“  hingewiesen (NÖ LRH-Bericht 2/2013, Seite 9).

2) Kennzahlen zur Versorgungs-Effizienz/Effektivität

Auf Einzugsgebiete können sämtliche zielbezogene Input- u. Output-Größen umgelegt werden, z.B.: Betten oder Aufenthalte eines Spitals.

Legt man Input-Größen auf das Einzugsgebiet um (z.B.: Betten/Einzugsgebiet), kann man Aussagen zur „Versorgungseffizienz“  bzw. „Versorgungsdichte“ treffen – Spital A benötigt für die Versorgung von 1000 Bewohnern seines Einzugsgebietes xyz Betten! (niedriger Wert gut)

Nimmt man den Kehrwert, also Einzugsgebiet je Input-Größe (z.B.: Einzugsgebiet je Bett), kann man Aussagen zur „Versorgungseffektivität“ treffen  – Spital B erreicht mit einem Spitalsbett zyx Einwohner! (hoher Wert gut)

Werden Output-Größen auf das Einzugsgebiet umgelegt (z.B.: Aufenthalte je Einzugsgebiet), können Aussagen zur „Leistungsintensität“im Einzugsgebiet des Spital C werden die Einwohner mit yzx Aufenthalten  je Einwohner versorgt! (niedriger Wert gut)

Die erwähnten Kennzahlen sind umso besser, desto stärker sich die Sptialsbetten-Planung am Bedarf der Bevölkerung orientiert! Ist die Sptialsbetten-Planung am Bedarf orientiert, verlassen die Einwohner für die stationäre Behandlung tendenziell weniger oft die Heimat-Region und die Spitalsbetten sind besser  ausgelast. Auch die Qualität spielt ein große Rolle für die Größe des Einzugsgebietes. Ist die Qualiät eines Spitals gut, zieht es Patienten von außerhalb der Region an und das Einzugsgebiet wächst.

3) Daten für die Berechnung von Einzugsgebieten

Daten zu Patientenbewegungen findet man in den BMG-Publikationen „Krankenanstalten in Zahlen“. Darin liegen Patientenbewegungen zwischen den Bundesländern, gemessen in Aufenthalten oder LDF-Punkten, vor. Außerdem findet man in der öffentlichen Statistik-Austria-Datenbank „STATcube“ Patientenbewegungsdaten (Bundesländerebene) in Form von Belagstagen und Aufenthalten.

Am geeignetsten für die Berechnung der Einzugsgebiete sind wahrscheinlich die Patienten-Bewegungen in Belagstagen bzw. LDF-Punkten oder ein Mix daraus. Belagstage sind wenig anfällig für verzerrende Wirkungen durch LKF-Optimierung bzw. Fallsplitting. Die LDF-Punkte haben den Vorteil, dass sie Auskunft über die Schweregrad der Patienten geben. Zieht man die Aufenthaltsbewegungen zur Berechnung der Einzugsgebiete heran, hat speziell das Fall-Splitting große verzerrende Wirkung, weshalb die Aufenhaltsbewegungen höchstwahrscheinlich keine Berechnungsgrundlage darstellen.

In Abb. 1 sieht man die Größe der Einzugsgebiete der Bundesländer-Spitalssysteme. Man erkennt beispielsweise, dass das Einzugsgebiet des Wiener Spitalswesens um etwa 300.000 Einwohner größer ist als die Einwohnerzahl Wiens (ca. 1,7 Mio. Einwohner). Das liegt daran, dass sich relativ viele Patienten aus den anderen 8 Bundesländern in Wien behandeln lassen.

Abbildung 1: Einzugsgebiete in der Bundesländer-Spitalssystem 2011
Quelle: Eigene Berechnungen (Basis-Daten: KAZ 2011, STATcube)

4) Vergleich der Bettenwirkungsgrade (Einzugsgebiet je Spitalsbett) in den Bundesländern

In Abb. 2 werden nun die Einzugsgebiete auf die Betten des jeweiligen Spitalsystems umgelegt => Betten-Wirkungsgrad. Mit dieser Kennzahl kann man Aussagen zu Versorgungseffektivität des jeweiligen Spitalssystems treffen!

Betrachtet man die unterschiedlichen Berechnungsweisen für den Betten-Wirkungsgrad bzw. den daraus resultierenden Mittelwert, setzen Wien, Vorarlberg und Tirol ihre Spitalsbetten am effizientesten ein. Der hohe Mittelwert im Burgenland ist auf den hohen Ausreißer bei der Berechnung der Einzugsgebiete über die Aufenthalts-Beziehungen zurückzuführen.

Abbildung 2: Bettenwirkungsgrade der Bundesländer-Spitalssysteme 2011
Quelle: Eigene Berechnungen (Basis-Daten: KAZ 2011, STATcube)


 Quellen:

Gerhard FÜLÖP (1999): „Raumplanung der Gesundheitsfürsorge in Österreich – Analyse und Steuerung regionaler Ungleichheiten in der gesundheitlichen Versorgung“

Bundesrechnungshof (2012):  „Ausbauprogramm des Landes Niederösterreich im Spitalswesen (Bericht Niederösterreich 2012/3)“

http://www.rechnungshof.gv.at/fileadmin/downloads/2012/berichte/teilberichte/niederoesterreich/Niederoesterreich_2012_03/Niederoesterreich_2012_03_1.pdf

Landesrechnungshof NÖ (2013): „Entwicklung ausgewählter Kennzahlen in den NÖ Landeskliniken (Bericht 2/2013)“

http://www.landtag-noe.at/service/politik/landtag/LVXVIII/00/13/013B.pdf

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Bundesländerprofile: Teil 1: Niederösterreich

Bundesländerprofile: Teil 1: Niederösterreich

Aufbau:

1) Allgemeine Fakten zu NÖ Spitalswesen
2) Niederösterreicher liegen selten im Spital
3) Angebots-Unterschiede in den nö. Regionen
4) Unterschiede bei der Inanspruchnahme von Spitalsleistungen in Regionen
5) Durchschnittlich teures, längerfristig günstiger werdendes Spitalssystem (sofern Besoldungsreform wirkt)
6) Zwar leichte Effizienz-Verluste, diese sind jedoch auf volkswirtschaftlich vertretbare Maßnahmen zurückzuführen!

1) Allgemeine Fakten zu NÖ Spitalswesen

In Niederösterreich lebten 2011 ca. 1,612 Mio. Einwohner (2011) – 2030: 1,793 Mio. Einwohner. Das Bundesland ist im Spitalswesen in 5 Versorgungsregionen unterteilt – Industrieviertel, Mostviertel, NÖ Mitte, Waldviertel, Weinviertel – die 8.120 Akut-Betten (5.0 je 1000EW) umfassen.

Abb. 1: Fakten zu Fonds-Spitälern
Quelle: Eigene Berechnungen (Daten: BMG, KAZ 2011)

 

Niederösterreich bekam beim „Integrierten Vergleich“ die Schulnote 2.9 (Beitrag 14, siehe LINK). NÖ weist Niederösterreich österreichweit die zweitniedrigste Hospitalisierungsrate (=Aufenthalte/Einwohner) auf, regional gibt es jedoch Unterschiede. Dabei ist ein West-Ost-Gefälle feststellbar – leicht “überversorgter” Westen (Mostviertel, Waldviertel u. NÖ Mitte) bzw. leicht “unterversorgter” Osten (Weinviertel u. Industrieviertel). Das nö. Spitalssystem ist etwas kostengünstiger als der Bundesschnitt – gmessen in stationären Kosten je Einzugsgebiet (Kostenintensität).

2) Niederösterreicher liegen selten im Spital, nur die Steirer liegen weniger oft

Im Bundesländervergleich weist Niederösterreich die zweitniedrigste Hospitalisierungsrate (=Aufenthalte/Einwohner) auf, nur die Steirer suchen noch seltener ein Spital auf – siehe Abb. 2. Allerdings gibt es innerhalb Niederösterreichs auf Versorgungsregions-Ebene große Unterschiede (siehe Abb. 4), die im wesentlichen auf die Angebotsunterschiede (Betten/Einwohner) in den Regionen zurückzuführen sind – siehe Abb.3.

Abb. 2: Aufenthaltshäufigkeit 1989-2011 (altersstandardisiert)
Quelle: Eigene Berechnungen (Daten: Statistik Austria)

3) Große Angebots-Unterschiede in den nö. Regionen

Der Westen Niedersöterreichs (Mostviertel, NÖ Mitte, Waldviertel) ist stärker versorgt als der Osten (Weinviertel u. Industrieviertel). Die Bewohner aus den östlichen Vierteln weichen daher oft nach Wien aus – ca. 1/3 der Industrieviertler Patienten lässt sich außerhalb der Region behandeln. In Abb. 3 sieht man die Entwicklung der Betten je Einwohner bis 2030 – unter der (etwas unrealistischen) Annahme, dass sich an der Bettenverteilung, lt. RSG NÖ 2015, nichts ändert.

Abb. 3: Niederösterreich 2011-2030
Quelle: Eigene Berechnungen (Daten: RSG NÖ 2015, ÖSG 2012, ÖROK)

4) Große Unterschiede bei der Inanspruchnahme von Spitalsleistungen in den nö. Regionen

Niederösterreich hat zwar die zweitniedrigste Hospitalisierungsrate, es gibt jedoch regionlae Unterschiede, wie in Abb. 4 ersichtlich ist.

Abb.4: Operations- und Behandlungshäufigkeiten in den Versorgungsregionen
Quelle: Eigene Berechnungen (Daten: ÖSG 2012)

5) Durchschnittlich teures, längerfristig günstiger werdendes Spitalssystem

Das nö. Spitalswesen weist eine Kostenintensität (=Kosten je Einwohner im Einzugsgebiet) leicht unter dem Bundesschnitt auf. Die Kostenintensität ist in der Mitte der Beobachtungszeitraums teilweise aufgrund einer Besoldungsreform (höhere Einstiegsgehälter, flachere Lebenseinkommenskurve) angestiegen. Mittelfristig, wenn die Besoldungsreform zu wirken beginnt, sollte in NÖ die Kostenintensität, verglichen zum Bundesschnitt, wieder sinken.

Abb. 5.: Kostintensitäten
Quelle: Eigene Berechnungen (Daten: BMG, KAZ 2011)

 

6) Zwar Effizienz-Verluste, diese sind jedoch auf volkswirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen zurückzuführen!

Abb. 6. Die Stat. Kosten je LKF-Punkt (=Effizienz) des nö. Spitalsystem lagen am Beginn des Jahrtausends noch deutlich unter dem Bundesschnitt. Im Zeitverlauf hat sich der Effizienz-Vorteil jedoch aufgelöst. Aktuell ist das nö. Spitalswesen etwas weniger effizient als der Bundesschnitt. Die Effizienzverluste sind jedoch auf zwei vertretbare Enwicklungen zurückzuführen:

a) Es wurde eine Personakostenreform (höhere Einstiegsgehälter, flachere Gehaltskurve) duchgeführt, welche die Personalkosten-Intensität teilweise ansteigen ließ und infolge die ambulante und stationäre Kostenintensität (die Personalkosten machen 60% der KH-Kosten aus). Teilweise ist der Personakostenanstieg jedoch auch auf mehr Mitarbeiter zurückzuführen. Mittelfristig sollte die Personal-Reform jedoch Einsparungen bewirken.

b) Außerdem wurde die Leistungsseite etwas zurückgefahren, was man daran erkennt, dass die Leistungs-Intensität mittlerweile signifikant unter dem Bundesschnitt liegt. Eine erfreuliche und volkswirtschaftlich sinnvolle Maßnahme, wenn man bedenkt, dass die österreichische Hospitalisierungsrate europaweit ohnehin eine der höchsten ist.

Mittelfristig sollten die Bettenkapazitäten jedoch an die reduzierte Leistungsintensität angepasst werden, um effizient zu bleiben.

Abb. 6: Entwicklungen Kosten, Leistungen, Effizienz
Quelle: eigene Berechnungen (Daten: BMG, KAZ)
Beschreibung: Intensitäten sind Kennzahlen, die auf das Einzugsgebiet umgelegt wurden
Bundesschnitt=100

Quelle: Landtagsanfrage 10. Dezember 2009, Ltg.-440/A-4/107 (LINK)

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Bewertung der Spitalssysteme in den Bundesländern nach Schulnotensystem (2001-2011) – “Integrierter Vergleich” u. “Effizienz-Vergleich”

Aufbau:

 1) Einleitung u. Ergebnisse
2) Bewertungsystem und Gewichtung
3) Reiner Effizienz-Vergleich
4) “Integrierter Vergleich”
 

1) Einleitung u. Ergebnisse

Mit diesem Beitrag soll gezeigt werden, dass reine Effizienz-Fokussierung im Spitalswesen häufig zu Fehlentwicklungen führt. So kann Effizienz (=Kosten/Leistungen) entweder durch Kosteneinsparungen oder durch Leistungserhöhungen erreicht werden. Da Kosteneinsparungen politisch schwer durchsetzbar sind, wird in Österreich Effizienz (bei gleich bleibenden Kapazitäten)  tendenziell mittels Leistungserhöhungen erzielt. Die Folge ist, dass die Spitäler zwar immer effizienter werden, das System insgesamt aber immer teurer wird (zusätzliche Leistungen => zusätzliche Kosten).

Hier wird ein „Integrierter Vergleich“ (Theorie, siehe Beitrag 12) einem reinen Effizienz-Vergleich gegenübergestellt. Der “Integrierte Vergleich” umfasst Kennzahlen sämtlicher Disziplinen: Versorgungsplanung, Versorgungskontrolle, Qualitätskontrolle u. Betriebswirtschaft und gibt ein umfassenderes Bild des jeweiligen Spitalswesen. Der „Integrierte Vergleich“ ist kausal aufgebaut: Versorgungskennzahlen (z.B.: Betten/Einwohner) => Leistungs-Kennzahlen (z.B.: LKF-Punkte/Einwohner) => Kosten-Kennzahlen (z.B.: Kosten/Einwohner) => Wirkungs-Kennzahlen (Qualität). Das größte Gewicht liegt bei den Versorgungskennzahlen, weil sie auf die nachfolgenden Kategorien wesentlichen Einfluss haben.

Dass hohe Effizienz nicht immer niedriege Kostenintensität bedeutet, zeigt das OÖ Spitalswesen: Vergleichsweise hocheffizient (Bundesweit: Platz 2), allerdings sehr kostenintensiv (effizient ist nicht notwendigerweise kostengünstig)! Kostenintensiv deswegen, weil die Effizienz (bei hoher Bettendichte in OÖ) nicht durch Kosteneinsparungen, sondern primär durch Leistungserhöhungen erzielt wurde. Beim „Integrierten Vergleich“, wo Bettendichte, Kosten- u. Leistungsintensität mit in die Bewertung einfließen, fällt OÖ folglich auf Platz 7 zurück. Zudem ist die Wirkung des OÖ Spitalswesen nur durchschnittlich, hier vereinfacht an der Lebenserwartung gemessen. In OÖ ist jedoch mittlerweile eine sehr mutige Reform beschlossen worden (LINK).

Beim “Integrierten Vergleich” schneiden Vorarlberg (Note: 1,6), Burgenland (2,3), Steiermark (2,6) und Tirol (2,7) am besten ab. NÖ (2,9) blieb relativ konstant. Kärnten (3,7) u. Wien (3,1) haben sich in den letzten Jahren zumindest stark verbessert.  Nur in OÖ (4,1) u. Salzburg (3,5)  haben sich die Spitalswesen integriert betracht, verglichen zum Bundestrend, signifikant verschlechtert. Einzel-Indikatoren findet man unten (Punkt 3 u. 4)

2) Benotungs- u. Gewichtungsschema

Bewertet wird nach dem Schulnotensystem: 1-5. Die Notenlogik ist in Abb.1 abgebildet. Die Bundesländerwerte (Noten) werden dabei immer auf den Bundesschnitt referenziert. Der Bundesschnitt stellt immer 100% bzw. die Schulnote 3 stellt dar.

Abb. 1: Notenlogik

Gewichtung der Einzelindikatoren:

Für die Gesamtbewertung eines Bundeslandes wird nach den Gewichtungsfaktoren aus Abb.4 gewichtet. Die Versorgungsdichte-Kennzahlen bekommen dabei das größte Gewicht (50%), weil sie großen Einfluss auf die Folgevariablen (Leistungsintensität u. Kostenintensität) haben. Die Leistungsintensität wird daher nur mit 30% und die Kostenintensität mit 10% gewichtet, da beide stark von der Versorgungsdichte beeinflusst sind und die Kostenintensität zudem von der Leistungsintensität abhängig ist. Durch die Gewichtungsfaktoren der Leistungsintensität bzw. Kostenintensität soll in erster Linie den KH-spezifischen Faktoren (also den Versorgungsdichte-unabhängigen Faktoren) Rechnung getragen werden.

Abb. 2: Gewichtungsfaktoren
Erklärung: EW = Einwohner; EW EZGB = Einwohner des Einzugsgebietes

Es ist wichtig, zielbezogene Kennzahlen (z.B.: Aufenthalte, die in Wiener Spitälern anfallen: ca. 560.000) auf das Einzugsgebiet der Spitäler umzulegen (Ezgb. der Wiener Spitäler: ca. 2 Mio. Einwohner) und quellbezogene Kennzahlen (z.B.: Aufenthalte, die von Wienern, egal in welchem Bundesland, verursacht werden: ca. 470.000) auf die Einwohner (Einwohner Wiens: ca. 1.7 Mio.) des jeweiligen Bundeslandes umzulegen. Folgerichtig, müssen beispielsweise die Kosten der (z.B.: Wiener) Spitäler (Zielgröße) auf das Einzugsgebiet der Spitäler und nicht auf die Einwohner des Bundeslandes umgelegt werden!

3) Bewertung nach Effizienz (kein optimaler Vergleich!):

Würde man nur nach der Effizienz bewerten, würde Tirol am besten abschneiden und Wien am schlechtesten (siehe Abb. 3). Wie erwähnt, diese sehr betriebswirtschaftliche Betrachtung sagt jedoch überhaupt nichts darüber aus, wie Effizienz erreicht wird – Kosteneinsparungen (politisch schwer dursetzbar) o. Leistungssteigerungen (politisch leichter durchsetzbar). Außerdem bedeutet eine hohe Effizienz nicht notwendigerweise, dass das Spitalswesen im jeweiligen Bundesland kostengünstig ist – vor allem, wenn Effizienz durch Leistungssteigerungen erreicht wird.

Speziell , das bei diesem Effizienz-Vergleich sehr gut abschneidet, hat zwischen 2001 und 2011 seine Leistungsintensität und Kostenintensität deutlich über den Bundesschnitt hinaus erhöht. Zwar ist das oö. Spitalswesen nach wie vor sehr sehr effizient, es ist aber im Zeitverlauf, verglichen zu den anderen Bundesländern, immer teuer geworden (Abb. 4).

Abb.3: Schulnoten für Effizienz

Abb.4: Entwicklung in oö. Spitalssektor

4) Bewertung nach „Integrierter Betrachtungsweise“ (besser als Effizienz-Vergleich!)

Bewertet man nach integrierter Betrachtungsweise ändert sich das Bundesländer-Ranking erheblich (siehe Abb. 7). Demnach bekommt der akutstationäre Bereich Vorarlbergs die beste Note von 1.6 (Versorgungsdichte: 2.0; Leistungsintensität: 1.0; Kostenintensität: 1.0; Lebenserwartung: 2.0), nachdem Vorarlberg beim reinen Effizienzvergleich noch die Durchschnittsnote 3.0 hatte. Oberösterreich erhält die schlechteste Note4.1 (Versorgungsdichte: 4.0; Leistungsintensität: 5.0; Kostenintensität: 3.0; Lebenserwartung: 3.0) – obwohl es beim Effizienzvergleich noch eine überdurchschnittlich gute Note von 2.0 hatte – Effizienz ist nicht alles!

Abb.5: Schulnoten für “Integrierten Vergleich”

In folgenden Abbildungen sind die Einzelindikatoren des “Integrierten Vergleichs” abgebildet: Versorgungsdichte (Abb.8 - fließt mit 50% in Gesamtwertung ein), Leistungsintensität (Abb.9 - fließt mit 30% in Gesamtwertung ein), Kostenintensität (Abb.10 – fließt mit 10% in Gesamtnote ein) und Lebenserwartung (Abb.11 – fließt mie 10% in Gesamtnote ein).

Abb.6: Schulnoten für Versorgungsdichte (Betten/Einwohner)
Abb.7: Schulnoten für Leistungsdichte (z.B.: Aufenthalte/Einwohner)
Abb.8: Schulnoten für Versorgungsdichte (z.B: Kosten/EW im Einzugsgebiet)
Abb.9: Schulnoten für Qualität (Lebenserwartung)

 

 

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Integrierter Betriebsvergleich – Theorie

Inhalt:

1) Einleitung: Betriebswirtschaftlicher Vergleich vs. Integrierter Vergleich

2) Beschreibung der verschiedenen Disziplinen im “Integrierten Betriebsvergleich”

3) Aufbau des Integrierten Betriebsvergleiches: Ursache->Auswirkung

1) Einleitung: Betriebswirtschaftlicher Vergleich vs. Integrierter Vergleich

Ein “Integrierter Betriebsvergleich” umfasst Kennzahlen aus sämtlichen Disziplinen (Bedarfsforschung, Versorgungsplanung, Versorgungskontrolle, Qualitätskontrolle, Gesundheitskontrolle u. Betriebswirtschaft) und hat einen systematischen Aufbau nach dem Schema: Ursache-Auswirkung. Integrierte Vergleiche stellen eine wesentliche Verbesserung zu rein betriebswirtschaftlichen Betriebsvergleichen dar. So zielen betriebswirtschaftliche Betriebsvergleiche in erster Linie auf Effizienz ab, was “unerwünschte” Mehrleistungsanreize verursacht (zusätzliche, oft unnötige, Aufnahmen verbessern Auslastung u.  Effizienz), zu Fehlallokation führt (Überversorgung) und im Endeffekt für das Gesundheitswesen vermeidbare Mehrkosten bedeutet – effizient bedeutet somit nicht notwendigerweise kostengünstig! Speziell dann, wenn Effizienz durch Leistungssteigerung und nicht durch Kosteneinsparungen erzielt wird.

Abb.1 zeig sehr deutlich, dass in Österreich die effizientesten Spitäler (blaue Quadrategeringe Kosten je Stück – blaue Quadrate) tendenziell in Bundesländern zu finden sind, wo die Leistungsintensität (=LKF-Punkte/Einzugsgebiet – grüne Quadrate) erhöht ist (Zeichen dafür, dass Effizienz verstärkt durch Leistungssteigerungen anstatt durch Kosteneinsparungen erreicht wird)! Dementsprechend ist in den “effizienten” Bundesländern, neben der Leistungsintensität, auch die Kostenintensität erhöht (Stat. Kosten / EW EZGB – rote Rauten) – steigt die Leistungsintensität erhöht sich auch die Kostenintensität. Effizient bedeutet somit nicht notwendigerweise kostengünstig!

Abb. 1: Zusammenhang: Leistungsintensität, Kostenintensität, Effizienz; qb=quellbezogen, zb=zielbezogen; 4 Punkte spaltenweise betrachtet ergeben ein Bundesländer (ganz links ist beispielsweise das Burgenland)
Quelle: Eigene Berechnungen/Darstellung

2) Beschreibung der verschiedenen Disziplinen im “Integrierten Vergleich”

Der integrierte Betriebsvergleich umfasst Kennzahlen aus den Disziplinen Bedarfsforschung, Versorgungsplanung, Versorgungskontrolle, Qualitätskontrolle, Gesundheitskontrolle u. Betriebswirtschaft (Abb. 2). Betriebswirtschaft ist aber eher als zweitrangig zu betrachten, da speziell im Gesundheitswesen betriebswirtschaftliche Kennzahlen (wie Effizienz o. Gewinn) unerwünschte Mehrleistungsanreize (unnötige Aufnahmen, unnötige Operationen) bieten – “angebotsinduzierte Nachfrageeffekte“.

Abb. 2 Aufbau des Integrierten Betriebsvergleichs

Disziplinen:

Bedarfsforschung: hierbei versucht man festzustellen, wie hoch der Bedarf der Bevölkerung an Gesundheitsleistungen ist (Kennzahl: z.B.: geplante Aufenthalte je Einwohner)

Versorgungsplanung: Basis sind die Ergebnisse der Bedarfsforschung. Danach plant man die regionalen Kapazitäten an Akutbetten, Ärzten, usw. (Kennzahl: z.B.: Betten je Einwohner)

Versorgungskontrolle: man vergleicht die Leistungsintensitäten (Inzidenz) der Regionen bzw. der Spitäler und versucht Unterschiede zu erklären (Kennzahl: z.B.: Aufenthalte je EW o. LKF-Punkte je EW)

Qualitätskontrolle: dabei werden Vergleiche zur Behandlungsqualität in den Regionen bzw. den Spitälern durchgeführt (Kennzahl: z.B.: stationäre Herzinfarkt-Sterberate)

Gesundheitskontrolle: hier wird der allgemeine Gesundheitszustand der Regionen betrachtet (Kennzahl: z.B.: Herzinfarkt-Mortalität)

Betriebswirtschaft: dabei wird betrachtet, ob die Leistungen kostengünstig erbracht werden (Kennzahl: z.B.: Kosten/Aufenthalt). Man sollte sich jedoch immer bewusst sein, dass geringe Stückkosten schnell dadurch erreichen kann indem man die Leistungsintensität erhöht (Fixkostendegression) – wirklich günstiger wird es dadurch für die Steuerzahler aber nicht.

3) Aufbau des Integrierten Betriebsvergleiches: Ursache->Auswirkung

Die zentrale Kausalität des “Integrierten Betriebsvergleichs” bildet (wie in Abb. 3 zu sehen):

Versorgungsdichte => Leistungsintensität => Kostenintensität

So legt man bei der Versorgungsplanung schon zu einem bestimmten Grad die zukünftige Leistungsintensität fest (Angebot bestimmt die Nachfrage). Auch die künftige Kostenintensität wird bereits bei der Versorgungsplanung wesentlich bestimmt: zum einen beeinflusst man durch die Versorgungsplanung die Fixkosten (direkt) und zum anderen beeinflusst man dadurch die variablen Kosten (indirekt über die Leistungsintensität) – siehe Abb. 3.

Durch Dichte- u. Intensitäts-Kennzahlen  kann man sehr schnell bewerten, ob Regionen unter-/überversorgt sind (quellebezogene Betrachtung) oder, ob Spitäler unter-/überversorgen (zielbezogene Betrachtung). Der “Integrierte Vergleich” gibt auch Aufschluss darüber, wie Effizienz erreicht wird – leistungsseitig durch hohe Leistungsintensität oder kostenseitig durch niedrige Kostenintensität.

 

Abb.3: Zusammenhänge und Kausalitäten

 

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“Mit Hilfe welcher Kennzahlen erkennt man qualitätsorientierte KHs (++), kostenorientierte KHs (+), passive KHs (-) u. einnahmenorientierte KHs (- -)”

Intention des Artikels: Einnahmenorientierte KHs, in denen unnötige Aufnahmen, Leistungen, Operationen u. LKF-Punkte anfallen (viele Mehrleistungen entstehen aber wahrscheinlich auch deswegen, weil KHs kaum Vergleichswerte zu Aufenthalts- bzw. Operationshäufigkeiten haben, sprich: es ist ihnen oft gar nicht bewusst, dass sie zu viel aufnehmen bzw. operieren), erkennen können – volkswirtschaftliche Sichtweise vor betriebswirtschaftlicher Sichtweise. Durch leistungssteigerndes Verhalten wird zwar die wichtigste betriebswirtschaftliche Kennzahl (Auslastung => Effizienz) verbessert, aus  volkswirtschaftlicher Sicht ist dieses Verhalten jedoch eine Fehlentwicklung und führt außerdem zu einer Erhöhung der ohnehin schon sehr hohen Gesundheitsausgaben (zusätzliche Kosten, die durch unnötige Leistungen anfallen). Bis auf wenige Ausnahmen hat sich dieses Fehlverhalten bei den entscheidenden politischen Institutionen (ö. Gesundheitssystem ist öffentlich organisiert) aber noch nicht wirklich durchgesprochen oder wird im schlimmsten Fall sogar geduldet. Im Grunde genommen, ist das der Punkt, wo Marktversagen (Rechtfertigung des Staates für mehrheitliche öffentliche Bereitstellung von akutstationären Gesundheitseinrichtungen) zum Staatsversagen (wenn Aktivitäten der Spitäler nicht kontrolliert werden und es zu Normalität wird, dass viele unnötige Operationen durchgeführt werden) wird!

Einleitung:

In diesem Artikel wird zunächst kurz auf die Fehlanreize des LKF-Systems (Anreiz zu Mehrleistung, Fallsplitting) und Verbesserungsvorschläge (fixe u. variable Komponenten im LKF-System und Schaffung von Kontroll-Instanzen) eingegangen.

Danach wird anhand eines Mehrperioden-Beispiels gezeigt, welche Kennzahlen man sich ansehen muss, um LKF-optimierende Krankenhäuser (“böse KHs”) von den restlichen Krankenhäusern unterschieden zu können. Im Beispiel wird in ein a) qualitätsorientiertes KH (“sehr gut”), ein b) kostenorientiertes KH (“gut), ein passives KH (“schlecht”) und das einnahmen-orientiertes KH (“sehr schlecht”) kategorisiert. Eine zentrale Rolle bei der Unterscheidung spielt die Krankenhaushäufigkeit (KHH = Aufenthalte / Einwohner), die in der Regel als Erfolgskennzahl immer noch völlig vernachlässigt wird.

Am Ende des Artikels findet man eine Tabelle, in der gezeigt wird, wie sich bei den 4 KH-Typen gängige Kennzahlen entwickeln (gleich dort hinschauen, wenn einem das Mehrperioden-Beispiel zu lang ist – vorher noch die Definition der 4 KH-Typen anschauen, die sich in etwa der Hälfte des Textes befindet). Die qualitätsorientierten KHs und die kostenorientierten KHs haben in der Regel kein Probleme ihre Strategien zu verteidigen, abgesehen davon, dass sich ihre Strategien sowieso in guten Kennzahlen (Auslastung, Effizienz, KHH) ausdrücken. Im Grunde geht es bei diesem Artikel darum, welche Kennzahlen man betrachten muss, damit man passive KHs von einnahmen-orientierten KHs unterscheiden kann. Passive KHs (obwohl keine Vorzeige-KHs) richten weniger volkswirtschaftlichen Schaden an als einnahmen-orientierte KHs, welche aus mehreren Gründen (OP-Saal-, Betten-Rechtfertigung, Mehreinnahmen, weil es keine Vergleichswerte zu Operationshäufigkeiten gibt…) unnötig stationär aufnehmen – erstere werden jedoch in der allgemeinen Wahrnehmung als schlechter eingestuft als zweitere. Das liegt einerseits daran, dass Patienten nicht wirklich einschätzen können, ob eine Aufnahme/Operation unnötig war und anderseits liegt es daran, dass einnahmen-orientierte KHs (aus betriebswirtschaftlicher Sicht) in der Regel gute betriebswirtschaftliche Kennzahlen (hohe Auslastung => hohe Effizienz) vorlegen können. Allerdings schneiden einnahmen-orientierte KHs  in volkswirtschaftlicher Hinsicht bei der Krankenhaushäufigkeit KHH (=Aufenthalte/EW) und deren Entwicklung immer schlecht ab (bei diesem KH-Typ ist die KHH hoch und steigend). Diese entscheidende Kennzahl wird bei “Erfolgsvergleichen” aber gerne vergessen! Die restlichen drei KH-Typen weisen konstante bzw. fallende Krankenhaushäufigkeiten auf.

1) Theoretisches:

Die Einführung des LKF-System hat einerseits eine Verbesserung der Dokumentation im akutstationären Bereich gebracht, anderseits sorgt es für einen leistungsfördernden Anreiz (Fehlanreiz) in den Spitälern – jede Operation bringt Punkte und somit zusätzliche Einnahmen. Ein Problem dabei ist, dass die LKF-Pauschalen in zu Vollkosten berechnet sind. Da im Spitalswesen jedoch knapp 75% der Kosten fix sind (also in jedem  Fall da sind), entstehen nur 25% der Kosten direkt bei der Leistungsverrichtung. Daraus ergibt sich eine riesiger Deckungsbeitrag je Operation (=LKF-Pauschale je Operation, abzüglich der variablen Kosten je Operation).

Dieser Fehlanreiz wäre ansich noch kein allzu großes Problem, WENN es österreichweit mehr Kontrolle zur Leistungshäufigkeit der Spitäler geben würde, die eine Überversorgung Spitäler sofort aufzeigen und eindämmen würden. In Österreich sind diese Kontrollinstanzen allerdings nur sehr dünn gesät – scharf ausgedrückt: Spitäler können in vielen Fällen machen was sie wollen. Als Draufgabe werden LKF-optimierende KHs sogar aufgrund ihrer besseren Rechnungsabschluss-Ergebnisse gelobt oder liegen bei Effizienz-Analysen an den vordersten Stellen – die Frage, wie es in Spitälern zu hohen Auslastungswerten oder LKF-Punkten gekommen, wird aber fast nie gestellt.

Lösungsvorschläge für eine Veränderung des LKF-Systems, um den Leistungsanreizen des LKF-Systems entgegenzuwirken:

a) Eine fixe und eine variable Einnahmenkomponente: also den Spitälern von vorne herein einen gewissen Anteil (idealerweise >75%) an fixen Einnahmen garantierten – eine leistungsunabhängige Einnahmen-Komponente. Den Rest über LKF-Punkte abrechnen – eine leistungsabhängige Einnahmen-Komponente (idealerweise <25%). Ideal wär die Ausgestaltung, wenn der fixe Einnahmen-Anteil etwas höher als die tatsächlichen Fixkosten gewählt werden würde und der variable Punktewert nur einen Teil der anfallenden variablen Kosten abdecken würde. So würde sich ein gewisser negativer Leistungsanreiz einstellen.

b) Krankenaushäufigkeiten in die LKF-Abrechnung integrieren und “Überversorger” gegebenenfalls sanktionieren. So würde ein Krankenhaus beispielsweise bei einer Überschreitung einer festgelegten Operationshäufigkeit keine Punkte mehr für weitere Operationen bekommen.

2) Mehrperioden-Zahlenbeispiel:

Soweit zur Theorie: im folgenden Beispiel wird gezeigt, welche typische Verhaltens-Arten bei Krankenhäusern es gibt. Es wird mit Hilfe eines Mehr-Perioden-Beispiels gezeigt, welche Kennzahlen man beobachten muss, um das a) qualitätsorientierte KH (“sehr gut”), das b) kosten-orientierte KH (“gut), das passive KH (“schlecht”) und das einnahmen-orientierte KH (“sehr schlecht”) unterscheiden zu können. Natürlich gibt es in er Praxis auch KHs, bei denen auch zwei o. sogar drei Verhaltensweisen zutreffen.

Beschreibung:

Es gibt 4 gleiche Regionen (jeweils 10.000 Einwohner), die Distanzen zwischen den Regionen sind gleich groß. Ein gewisser Anteil der Patienten lässt sich in einer Fremdregion behandeln – zu Beginn jeweils 76% in der Heimat-Region und jeweils 8% in den 3 Fremd-Regionen. Die Regionsbeziehungen ändern sich jedoch von Periode zu Periode aufgrund der Verhaltensweisen der Spitäler => die Regionsbeziehung der aktuellen Periode ist immer eine Entscheidungsgrundlage für die nächste Periode (lernende Patienten).

Weitere Annahmen/Vereinfachungen/Beschreibungen:

-) das Alter u. die Anzahl der Einwohner in den Bezirken bleibt konstant.

-) jedem KH ist ein Bezirk zugeordnet, KH Q (Qualitätsoptimierer ist in Bezirk Q ansässig), usw…

-) der LKF-Effekt erhöht die Aufenthaltshäufigkeit der Bevölkerung

-) der angebotsinduzierte Effekt kann die Aufenthaltsbevölkerung der Bevölkerung erhöhen (bei Bettenaufbau) oder senken (bei Bettenrückbau) – der Effekt ist so eingestellt, dass eine Erhöhung der Bettenzahl um 1% die Aufenthaltshäufigkeit um 0,5% steigert.

Patientenbewegungs-Matrix in Periode 1:

Abbildung 1: Patientenbewegungsmatrix in Periode 1

Krankenhaustypen:

Qualitätsorientiertes KH (Q): Dieses KH führt nur vertretbare Operationen durch und generiert zusätzliche Aufenthalte durch seinen Ruf – es “nimmt” anderen Spitälern Aufenthalte “weg” und verursacht dem Gesundheitswesen netto keine zusätzlichen Aufenthalte.

Kostenorientiertes KH (K): Dieses KH führt nur vertretbare Operationen durch. Es ist zudem bestrebt eine Auslastung von 85% zu erreichen. Um dieses Ziel zu erreichen, reduziert es seine Bettenanzahl. Durch den Bettanrückbau, bewirkt es auch einen distanzabhängigen Rückgang der KHH in den Regionen (Umkehr der angebotsinduzierten Effekte). Das KH rechnet geht für die Folgeperiode von der Aufenthaltszahl der Vorperiode aus => durch die Endogenität zwischen Bettenrückbau u. dem Sinken der KHH und weil das qualitätsoptimierende laufend Patienten aus den anderen Spitälern lockt, wird das kostenoptimierende nie ganz die 85%-Auslastung erreichen.

Passives KH (P): Dieses KH führt nur vertretbare Operationen durch. Es setzt keine Maßnahmen zu höherer Qualität, zieht also anderen KHs keine Patienten ab und es reagiert auf Minderauslastung nicht mit Bettenabbau.

LKF-Einnahmenorientiertes KH (L): Dieses KH versucht im Gegensatz zum kostenoptimierenden KH seine Effizienz durch zusätzliche Einnahmen zu erhöhen. Es führt auch nicht notwendige Operationen durch. Die unnötigen Aufenthalte erhöhen distanzabhängig die KHH in allen Regionen – dem Gesundheitswesen entstehen netto zusätzliche Aufenthalte und Kosten.

Patientenbewegungs-Matrix in Periode 3:

Nachdem man in Abb. 1 zunächst sie Ausgangslage der Patientenbewegungen gesehen hatte, kann man in Abb. 2 die Patientenbewegungen nach 2 Perioden sehen – in Abb. 3 sind die Aufenthalts-Veränderungen aufgelistet.

Abbildung 2: Patientenbewegungs-Matrix in Periode 1

Aufenhaltsveränderugnen zwischen Periode 1 u. 3:

Abbildung 3: Aufenthaltsveränderungen zw. Periode 1 u. 3

 Ergebnisse auf Gesamtebene

Insgesamt steigen die Aufenthalte von Periode 1 auf 3 um 448 Aufenthalte, wobei sich die Steigerung in 3 verschiedene Effekte gliedert (Abb. 4). Da gibt es zunächst einen angebotsinduzierten Effekt (-1552 Aufenthalte), der von KH K (das kostenoptimierende KH) ausgeht, weil es bestrebt ist eine Auslastung von 85% zu erreichen und deswegen Betten zurückbaut. Der Rückbau bewirkt einen Reduktion der angebotsinduzierten Effekte und damit der KH-Aufenthalte in allen Regionen, vor allem aber im Heimat-Bezirk des KH K, also im Bezirk K. Der LKF-Effekt (+2000 Aufenthalte) der vom LKF-optimierenden KH L ausgeht, verursacht einen Anstieg der Aufenthalte bei sich selbst und auf Gesamtebene. KH L versucht via Mehr-Aufnahmen seine LKF-Einnahmen zu steigern und stationiert teilweise bewusst Patienten, die eigentlich die stationäre Versorgung nicht nötig hätten (im harmlosesten Fall werden ambulante Patienten stationär verbucht o. es wird Fall-Splitting betrieben; im schlimmsten Fall werden unnötige Operationen durchgeführt). Der Qualitätseffekt ist nur auf Krankenhaus-Ebene (Abb. 6) zu sehen, da der Qualitäts-Effekt so programmiert ist, dass zusätzliche Qualität die Aufenthaltshäufigkeit der Gesamtbevölkerung nicht erhöht – alle Patienten, die KH Q durch gute Qualität ködert, kommen von den anderen 3 Spitälern.

Abbildung 4: Aufenthaltsveränderungen nach Effekten, Gesamtebene

Ergebnisse auf Bezirksebene

Die Auswirkungen der angebotsinduzierten Effekte und der LKF-Effekte sind auf Bezirksebene deutlich erkennbar (Abb. 5). Die Qualitäts-Effekte sieht man erst im zielbezogenen Vergleich (Abb. 6), da diese Effekte keinen Einfluss auf die Menge der quellbezogenen Aufenthalte haben, sondern “nur” auf die Standortwahl (das Ziel-KH) der Patienten. Die angebotsinduzierten Effekte treten vor allem im Bezirk K auf, weil dort das kostenorientierte Spital versucht eine Auslastung von 85% zu erreichen und dementsprechend Betten abbaut, womit negative angebotsinduzierte Effekte einen Rückgang der KHH bewirken (952 Aufenthalte angebotsbedingt weniger), der distanzbedingt abgeschwächt auch die KHH in den restlichen Bezirken etwas zurückgehen lässt. Gänzlich in eine andere Richtung als in Bezirk K geht die KHH in Bezirk L aufgrund von LKF-Effekten. Dort nimmt KH L vermehrt nicht-krankenhausbedürftige Bürger auf um einnahmen-seitig seine Effizienz zu steigern – 1553 Aufenthalte mehr durch unnötige Stationierung. Auf Gesamtebene überwiegen die LKF-Effekte und bewirken einen Aufenthaltszuwachs innerhalb zweier Perioden von 448 Aufenthalten.

 

 

 

 

 

 

 

Abbildung 5: Aufenthaltsveränderungen nach Effekten, Bezirksebene (quellbezogen)

Ergebnisse auf KH-Ebene

 In Abb. 6 sieht man auf welche der drei genannten Effekte (Qualität, Angebot, LKF) die Aufenthaltssteigerung in den Krankenhäusern zurückzuführen ist. KH Q hat eine große Anziehungskraft aufgrund von guter Behandlungs-Qualität. Innerhalb von 2 Perioden bewirkte dieser Effekt ein Plus von 2075 Aufenthalten, die in den restlichen KHs zu Rückgängen geführt haben. Auf Gesamtebenen ist der Qualitätseffekt ein Nullsummenspiel, er führt weder zu mehr oder weniger Aufenthalten, er verursacht lediglich zu Verschiebungen zwischen den KHs. Die Angebotsinduzierten Effekte, die durch KH K ausgelöst wurden, zeigen dort auch ihre größte Wirkung – ein Rückgang bei den Aufenthalten von 1194. Durch die weiteren Effekt sinken in KH K die Aufenthalte sogar um 1862. Das LKF-optimierende KH L steigert seine Aufenthalte um 1163. Die LKF-Effekte allein betrachtet, erhöhen in KH L die Aufenthalte um 2000 (unnötige Aufnahmen u. Operationen). Das passive KH P, das keine Maßnahmen in Richtung Qualität, Bettenveränderung oder LKF-Optimierung setzt, verliert insgesamt 806 Aufenthalte, sei es durch Patienten-Abwanderung in das qualitätsorientierte KH Q (-689 Aufenthalte) o. angebotsinduzierte Rückgänge, die durch KH K ausgelöst wurden (-117 Aufenthalte). Auf Gesamtebene wieder das gleiche Bild wie bei der Analyse auf Bezirksebne,  die LKF-Effekte überwiegen und führen zu einem Aufenthaltszuwachs von 448 Aufenthalten.

Abbildung 6: Aufenthaltsveränderungen nach Effekten, KH-Ebene (zielbezogen)

Entwicklung der Kennzahlen nach 2 gespielten Perioden:

Die letzte Tabelle (Abb. 7) ist sehr entscheidend, es geht gar nicht so sehr darum, dass man die qualitätsorientierten und kostenorientierten KHs erkennt, diese Spitäler haben in der Regel kein Problem sich nach außen zu verkaufen. Es geht eher darum, dass man die “passiven” KHs von LKF-Einnahmen-orientierten KHs unterscheiden kann. Denn LKF-Einnahmen-orientierten KHs weisen in der Regel bei sämtlichen wichtigen Kennzahlen (Effizienz, Auslastung, Rechnungsabschluss-Ergebnis) hervorragende Werte aus, während die “passiven” KHs nicht tun (siehe Abb. 7). Trotzdem richten die “passiven” KHs (, die zwar keine TOP-KHs sind, aber zumindest nicht den leistungsfördernden Fehlanreizen des LKF-Systems verfallen) keinen so großen volkswirtschaftlichen Schaden an wie die LKF-Einnahmen-optimierenden KHs, die nicht-krankenhausbedürftige Leute aufnehmen oder im schlimmsten Fall sogar unnötige Operationen durchführen. LKF-Einnahmen-optimierende KHs erkennt man aber an einer Kennzahl, die leider im österreichischen Gesundheitswesen noch den Stellenwert hat, den sie haben sollte – der Krankenhaushäufigkeit. Das LKF-Einnahmen-optimierende KH war im Mehrperioden-Beispiel der einzige KH-Typ bei dem die zielbezogene KHH bzw. die quellbezogene KHH gestiegen ist! Beim “passiven” KH ist die KHH zumindest konstant geblieben!

Abbildung 7: Entwicklung der Kennzahlen in den Krankenhäusern

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Optimale Spitalsgröße aus Kostensicht

Im folgenden Artikel werden die Ergebnisse der Berechnung der optimalen Krankenhausgröße aus Kostensicht zusammengefasst. Die optimale Größe liegt laut Regressionsanalyse etwa bei 400 Betten.

Artikel:

Mit Daten aus “Krankenanstalten in Zahlen 2008″ (LINK) wurde eine Regressionanalyse zur optimalen Spitalsgröße aus Kostensicht durchgefürht (eine DEA wird folgen). Um Aussagen zur optimalen Spitalsgröße treffen zu können, wurde in das Modell ein linearer Betten-Term (Regressionskoeffizient sollte negativ sein) und quadratischer Betten-Term (Rgressionskoeffizient sollte positiv sein) eingebaut – Ewartung, dass sich eine U-förmige Kostenfunktion in Hinblick auf die Sptialsgröße ergibt.  Unter und über dieser optimalen Spitalsgröße sollten im Sptialsbetrieb größenbedingte Zusatzkosten anfallen.

Dass die meisten Spitäler weniger als 600 Betten haben (siehe Abb. 1), was für die quardratische Modellierung keine optimale Datengrundlage ist (gleichmäßige Verteilung besser), soll nicht unerwähnt bleiben.

Abbildung 1: Verteilung der Spitäler nach Größe
Quelle: Eigene Darstellung, Daten: KAZ 2008

Regressionsgleichung

Im folgenden wird die Regressionsgleichung vorgestellt, es handelt sich dabei um eine Kostenregression.

Die Kosten je Belagstag sollen durch folgende Variablen erklärt werden:

a) LKF-Punkte/Belagstag: bildet den Schwierigkeitsgrad eines KHs ab => je höher die LKF-Puntke/Belagstag, desto höher sollten auch die Kosten/Belagstag sein.

b) Auslastung: eine gößere Auslastung bedeutet, dass die hohen Fixkosten eines Spitals auf mehere Leistungen, Aufenthalte, Belagstage,… aufgeteilt werden können => je höher die Auslastung ist, desto niedriger sollten auch die Kosten/Belagstag sein.

c) Linearer/Quadratischer Betten-Term: es wird erwartet, dass die Spitalsgröße zunächst kostensenkend wirkt (es wird ein negativer Koeffizient beim Linear-Term erwartet). Nachdem die kostenoptimale Spitalsgröße erreicht ist, sollte die Größe jedoch kostentreibend wirken (es wird ein positiver Koeffizient beim Quardrat-Term erwartet).

d) Spezialisierung (Variable noch nicht integriert): im Spitalskompass sind für sämtliche Krankenanstalten die Anzahl der Diagnosen und Leistungen je Diagnose-/Leistungsgruppe veröffentlicht. Damit soll ein Spezialisierungsindex errechnet werden => je größer Spezialisierung, desto kleiner sollten Kosten/Belagstag sein. Allerdings sind im Spitalskompass die Daten aus dem Jahr 2010, wodurch eine zeitliche Verschiebung zu den restlichen Variablen auftritt.

Regressionsgleichung:

Interpretation der Regressionergebnisse:

Die Regressions-Koeffizienten (seihe Abb. 2) treten mit den erwarteten Vorzeichen ein und sind signifikant! Die optimale Spitalgröße liegt in etwa bei 400 Betten (genau: 374 Betten = 0,17/0,00022/2).

Die Auslastung wirkt kostensenkend. Steigt die Auslastung um 1%-Punkt, können die Kosten/Belagstag um 3,42Euro reduziert werden.

Auch bei die Kontrollvariabele LKF-Punkte/Belagstag weist das erwartete Vorzeichen beim Koeffizienten auf. Je höher die LKF-Punkte/Belagstage, desto höher auch die Kosten/Belagstag -> das Verhältnis liegt erwartungsgmäß in der Nähe von 1 (genauer Wert: 0,89).

Abbildung 2: Regressionsergebnisse
Quelle: Eigene Berechnung, Daten: KAZ 2008

In Abb. 3 wurden die Regressionsergebnisse grafisch dargestellt. Man sieht darin U-förmige Kurven (jede Kurve für eine bestimmte Auslastung) – an der tiefesten Stelle der Kurven befindet sich die optimale Spitalsgröße aus Kostensicht (ca. 400 Betten). Die verschiedenen Kurven beziehen sich auf unterschiedliche Auslastungswerte (hier: 70%, 75%, 80%, 85%). Je weiter man von der optimalen Spitalsgröße bzw. je weiter man unter der Normauslastung (hier: 85%) liegt, desto höher sind die “Zusatzkosten” je Belagstag.

(1) Bei einer Auslastung von 85% und einer Spitalsgröße von 400 Betten sind die Zusatzkosten je Belagstag 0 Euro. (2) Verschlechtert sich die Auslastung auf 70%, steigen die Zusatzkosten je Belagstag auf 50 Euro! (3) Würde in dieser Situation, bei gleich bleiber Auslastung, das KH auf 700 Betten augebaut werden, würden sich die Zusatzkosten von 50 um 20 Euro (größenbedingt) auf 70 Euro je Belagstag steigern. (4) Eine Auslastungssteigerung auf 85% würde die Zusatzkosten um 50 Euro (auslastungsbedingt) auf 20 Euro senken. (5) Ein KH von 100 Betten hätte bei gleicher Auslastung gleichhohe Zusatzkosten in Höhe von 20 Euro zu erwarten wie ein 700-Betten-KH.

Abbildung 3: Optimale Spitalsgröße
Quelle: Eigene Darstellung

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Auswirkungen der OÖ Spitalsreform auf die bundesweite Krankenhaushäufigkeit

Im folgenden Aritkel werden die Auswirkungen der OÖ Spitalsreform auf die bundesweite KHH berechnet. Es empfhielt sich zunächst Artikel 1 (LINK) und Artikel 2 (LINK) zu lesen!

Die oberösterreichische Spitalsreform ist eine der ambitioniertesten Reformen im österreichischen Gesundheitswesen der vergangenen Jahrzehnte. Die oö. Spitalsträger haben sich mit dem Land OÖ auf Strukturveränderungen in sämtlichen Spitälern geeinigt. In Abb. 1 sind die vereinbarten Bettenveränderungen (vorwiegend Rückbauten) aufgelistet. Nähere Spitalsreform-Details findet man unter folgendem LINK.

Abbildung 1: Veränderungen bei Spitalsbetten in Oberösterreich
Quelle: Eigene Darstellung, Daten: Land OÖ

In Abb. 2 sieht man die regionalen Auswirkungen der Bettenveränderungen. Für die Berechnungen wurden die Ergebnisse der Regressionanaylse aus dem Artikel “Angebotsinduzierte Nachfrage-Effekte im akutstationären Bereich” eingearbeitet (LINK). Da in diesem Modell die ö. Versorgungsregionen räumlich verknüpft wurden, sind die überregionalen Effekte auf die bundesweite KHH durch die Bettenveränderung in OÖ ermittelbar.

Da in allen oö. Versorgungsregionen die Bettenzahl reduziert wird, wird auch in sämtlichen Versorgungsregionen die Krankenhaushäufigkeit zurückgehen. Die stärktsten Rückgänge bei der KHH sollte es in der VR Zentralraum Linz (-29 Aufenthalte je 1000EW),  der VR Zentralraum Wels-Grieskirchen (-26) und in der VR Phyrn-Eisenwurzen geben (-26) geben – deutlich zu sehen an den schwarzen Flächen in Abb. 2. Die Reform wirkt sich jedoch nicht nur auf oö., sondern auf alle österreichsichen Regionen aus verstärkt natürlich auf oö. Regionen und Nachbaregionen Oberösterreichs. In Abb. 3 findet man eine Auflistung aller ö. Versorgungsregionen und deren Krankenhaushäufigkeit “vor der Spitalsreform’ und  Schätzungen darüber, wie hoch die KHH “nach der Reform” sein sollte.


Abbildung 2: Auswirkungen der OÖ Spitalsreform auf die KHH (1)
Quelle: Eigene Berechnungen/Darstellung: Datengrundlagen ÖSG, Land OÖ

Abbildung 3: Auswirkungen der OÖ Spitalsreform auf die KHH (2)
Quelle: Eigene Berechnungen/Darstellung: Datengrundlagen ÖSG, Land OÖ

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Niedergelassenener Bereich u. Spitalsambulanzen

Bei den ö. Krankenkassen war in den letzten Jahren deutlicher Reformwille erkennbar, der auch Wirkung zeigte. So vermeldeten die Kassen nach einer defizitären Phase wieder Kassenüberschüsse. Trotzdem sollte man einige Maßnahmen der Kassensanierung kritisch hinterfragen. Gleichzeitig mit der Kassensanierung gingen nämlich die Vollzeitäquivalente (VZÄ) der niedergelassenen Vertragsärzte-Ärzte zurück (Financier: Kassen)! Das reduzierte Angebot im niedergelassenen Bereich führt in der Regel zu einem Anstieg der Aufenthalte in den Spitalsambulanzen (Financier: Länder), wodurch dort die Arbeitintensität steigt – was auch die ÖSG-Zahlen im Zeitraum von 2006 bis 2010 bestätigen (siehe Abb. 1). Deshalb ist der Überschuss der Kassen höchstwahrscheinlich teilweise auf eine Kostenverschiebung in den spitalsambulanten Bereich zurückzuführen. Damit sollen die Kassen nicht an den Pranger gestellt werden, auch von Seiten der Länder gibt es immer wieder Versuche Kosten an die Kassen abzuwälzen (z.B.: präoperative Untersuchungen). Die Aussage des Beitrags soll sein, dass man beide Systeme gemeinsam betrachten muss, um zu bewerten, ob eine Sanierungs-Maßnahme eine “wirkliche” Kostensenkung war – Thema: “Finanzierung aus seiner Hand”.

Abb. 1: Entwicklungen der Ärzte-VZÄ im ambulanten Bereich
Quelle: Eigene Berechnung/Darstellung, Daten: ÖSG2008 /2010/2012
Ohne Fachbereiche Labor, Radiologie u. PSO, da keine durchgehende Datenverfügbarkeit

In den folgenden Grafiken und Tabellen werden die Ärzte-VZÄ-Dichte (=Ärzte-VZÄ je Einwohner) des niedergelassenen Bereichs und die Veränderungen der Ärzte-VZÄ-Dichte im gesamten ambulanten Bereich zwischen 2006 und 2010 gezeigt.

Abbildung 2: Ärtzedichte im niedergelassenen Bereich 2008
Quelle: Eigene Berechnung/Darstellung, Daten: ÖSG 2010

Die niedergelassene Ärzte-Dichte ist speziell in OÖ auffallen gering (siehe Abb. 2). Außerdem sieht man, dass in den Hauptstadtregionen (Wien, Linz, Innsbruck,…) tendenziell höhere Ärzte-Dichten vorzufinden sind.

Abb. 3: ÄVZÄ-Dichte im niedergelassenen u. spitalsambulanten Bereich, nach Bundesland
Quelle: Eigene Berechnung/Darstellung, Daten: ÖSG2008 /2010/2012
Ohne Fachbereiche Labor, Radiologie u. PSO, da keine durchgehende Datenverfügbarkeit

Bei der Entwicklung der Ärzte-VZÄ-Dichte gab es im niedergelassenen Bereich zwischen 2006 und 2008 in allen Bundesländern deutliche Rückgänge, danach blieben die Zahlen relativ konstant. Von 2006 bis 2010 konnte man nur in Vorarlberg ein leichtes Plus an niedergelassenen Ärzten beobachten – siehe Abb. 3. Der Rückgang der niedergelassenen Ärzte schlug sich wahrscheinlich auf den spitalsambulanten Bereich nieder, der seine VZÄ-Kapazitäten im gleichen Zeitraum deutlich erhöhte. Die starke Steigung in den Ambulanzen ist jedoch nicht nur mit den Entwicklungen im niedergelassenen Bereich zu erklären. Zu einem gewissen Grad ist der Anstieg auch darauf zurückzuführen, dass Spitäler bemüht sind, Leistungen vom teuren stationären Bereich in den kostengünstigeren spitalsambulanten Bereich zu verschieben.

Abb. 4: ÄVZÄ-Dichte im niedergelassenen u. spitalsambulanten Bereich, nach Fächern
Quelle: Eigene Berechnung/Darstellung, Daten: ÖSG2008 /2010/2012
Ohne Fachbereiche Labor, Radiologie u. PSO, da keine durchgehende Datenverfügbarkeit

 Abb. 4 zeigt die Entwicklungen der Ärzte-VZÄ-Dichte zwischen 2006 und 2010, unterteilt nach den verschiedenen Fächern. Der niedergelassene Bereich verzeichnete in nahezu allen Fächern Rückgänge der Ärzte-VZÄ-Dichte. Spiegelbildlich die Situation in den Spitalsambulanzen, dort gab es in fas allen Fächern VZÄ-Zuwächse.

Grundsätzlich sollte aus den Grafiken und Tabellen sehr deutlich hervorgekommen sein, dass der niedergelassenen Bereich und der spitalsambulante Bereich “kommunizierende Gefäße” im umgekehrten Sinn sind – wird bei einem das Angebot reduziert, steigt beim anderen die Nachfrage. Sinken die Ärzte-VZÄ im niedergelassenen Bereich, steigen in der Regel die Ärzte-VZÄ im spitalsambulanten Bereich an.

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Angebotsinduzierte Nachfrage-Effekte im akutstationären Bereich

Angebotsinduzierte Nachfrage-Effekte im akutstationären Bereich

Die “Angebotsinduzierten Nachfrage-Effekte” (Einwohner aus stark versorgten Regionen liegen häufiger im Spital) sind Österreich gegeben und teilweise sehr groß. Im Artikel wird das Thema zunächst theoretisch abgehandelt, danach werden die Ergebnisse der Regressionen dargestellt.

1) Theorie:

Arten der Angebotsinduzierten Nachfrage:

  • “Entfernungsbedingte angebotsinduzierte Effekte” (dafür können Ärzte nichts!):

Grundsätzlich Sache der Versorgungsplanung: Menschen, die weiter weg von einem Spital wohnen, suchen tendenziell seltener ein Spital auf. Diese Effekte kann man nie ganz neutralisieren (außer man stellt in jede Gemeinde ein Spital), man kann sie jedoch durch gute Versorgungsplanung auf ein Minimum reduzieren. Leider wird die Versorgungsplanung in Österreich sehr oft politisch beeinflusst.

  • “Arztbedingte angebotsinduzierte Effekt”

Dieser Effekt ist in der Regel Folge des Bettenrechtfertigungsdrucks (bei Überkapazitäten) und des betriebswirtschaftlichen Denkens. Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist eigentlich das leere Spitalsbett/der leere OP bzw. der vermiedene Aufenthalt/die vermiedene Operation der Idealzustand. Ein Spital mit niedriger Auslastung ist oft ein Anzeichen, dass dort sehr viel richtig gemacht wird. In Österreich wird ein Spital mit niedriger Auslastung aber immer noch als „schlecht“ angesehen. Deshalb erfolgen bei schlechter Auslastung oft vermeidbare Aufnahmen (muss nicht immer gleich eine Operation sein!

Von “angebotsinduzierten Nachfrage-Effekten im aktutstationären Bereich” spricht man, (sehr technisch gesprochen) wenn ein Überangebot an stationären Inputs (allen voran überschüssige Akut-Betten) den stationären Output (stationäre Aufenthalte) über den natürlichen Bedarf hinaus erhöhen – aus volkswirtschaftlicher Sicht sehr bedenklich.

Grundsätzlich sollte es diesen (linearen) angebotsinduzierten Zusammenhang nur im Bereich der Unterversorgung geben (siehe Abb. 1: Angebotsniveau: 0 – 100%). In diesem Bereich ist der natürliche Bedarf der Bevölkerung nach stationären Gesundheitsleistungen größer ist als das Angebot. Unterversorgung herrscht sehr oft in Enwicklungs- und Schwellenländern vor, wo operationsbedürftige Bürger in der Regel im wahrsten Sinne des Wortes vor dem Spital “Schlange stehen”. Unterversorgung in Akut-Berreich trifft allerdings nicht auf Österreich zu (Österreich ist europaweit nach Deutschland Spitzenreiter bei der Akutbetten-Dichte).

Sobald jedoch das Angebot an Gesundheitsleistungen den natürlichen Bedarf übersteigt, sollte sich die Nachfrage (Abb. 1: grüne Linie, Idealfall) vom Angebot (Abb. 1: blaue Linie) entkoppeln und nicht mehr weitersteigen – theoretische Nachfrage-Obergrenze 100% – natürlicher Bedarf (Abb. 1.: violette Linie). Demnach sollte das Nachfrageniveau bei einem Angebotsnievau  von 200% (Überversorgung) immer noch bei 100% liegen. In der Praxis steigt die Nachfrage (Abb. 1: rote Line, Praxisfall) jedoch auch im Bereich der Angebots-Überversorgung weiter an -  bei  einem Angebotsniveau von 200% wird die Nachfrage irgendwo zwichschen 100% und 200% liegen – angebotsinduzierte Nachfrage.

Abbildung 1: Unter- und Überversorgung
Quelle: Eigene Darstellung

Das Auftreten angebotsinduzierter Nachfrage-Effekte liegt einerseits daran, dass Spitalsärzte keine ihrer Betten verlieren wollen und deshalb häufig leere Betten mit vermeidbaren/unnötigen Aufnahmen  befüllen. Im schlimmsten Fall kommt es sogar zu “unnötigen” Operation (!) – “a built bed is a filled bed“. Andererseits haben österreichische Spitalsärzte aber auch kaum Vergleichswerte zu anderen Spitalsärzten, was Operationshäufigkeiten betrifft, sprich: vielen Ärtzen ist gar nicht bewusst, dass sie vergleichsweise überdurchschnittlich oft zum Aufnahmen/Operationen neigen. Sehr gute Beispiele in dieser Hinsicht sind: Arthroskopien, Katarakt-, Blinddarm-,  Hüftgelenks-, Kniegelenks-Operationen,… also Operationen, welche  oft zu voreilig durchgeführt werden oder die teilweise durch konservative Medizin und Therapien vermieden werden können. Die Operationshäufigkeiten dazu sind unter den 32 ö. Versorgungsregionen sehr unterschiedlich. In Abb. 2 sieht man die Unterschiede bei Operationshäufigkeiten für ausgewählte Operationen auf Bundesländer-Ebene. Die Werte sind zwar nicht altersstandardisiert, die Unterscheide sind jedoch so hoch (73% bei Magenresektionen!), dass sie nicht mehr zur Gänze durch demographische Effekte erklärt werden können. Vor allem die Arthroskopie-Op.-Häufigkeit in Salzburg, die Blinddarm-Op.-Häufigkeit in Tirol oder Magen-Resektions-Häufigkeit in Kärnten sind sehr hoch.

Abbildung 2: Unterschiede bei (quellbezogenen) Operationshäufigkeiten 2009
Quelle: Eigene Darstellung u. Berechnung, Datengrundlage: ÖSG 2010

2) Empirie:

Im folgenden Teil wird das Thema “angebotsinduzierte Nachfrage-Effekte” methodisch bearbeitet. Dabei wird versucht die starken Unterschiede bei der Krankenhaushäufigkeit in den 32 österreichischsn Versorungsregeionen mit Hilfe einer Regressionsgleichung zu erklären. Die wichtigste Variable ist die Akutbetten-Dichte (Proxy für die angebotsinduzierten Nachfrage-Effekte). Als Kontroll-Variablen dienen im vereinfachten Modell Dichte der niedergelassenen/ambulanten Ärzte, eine Demographie-Variable und die durchschnittliche KH-Verweildauer. Die Berechnungen werden auf Gesamtebene (alle Fächer zusammen) und für ausgewählte Fächer dargestellt.

Regressionen-Ergebnisse:

abhängige Variable:

Krankenhaushäufigkeit bzw. Aufenthaltshäufigkeit (=Aufenthalte/EW)

unabhängige (erklärende) Variablen:

-) Bettendiche (=Akutbetten/EW)

-) Dichte der niedergelassenen/ambulanten Ärzte (=Ärzte / EW)

-) Anteil der Über-60-jährigen (=EW60+/EW)

-) durchschnittliche KH-Verweildauer (=Belagstage/Aufenthalte)

Datenpanel: 32 Versorgungsregionen; Jahre 2007+2009; für ausgewählte Fächer:  IM (Innere Medizin), CH (Chirurgie), GGH (Gynäkologie u. Geburtshilfe), DER (Dermatologie), AU (Augenheilkunde), HNO (Hals, Nasen, Ohren), UC (Unfallchirurgie), OR (Orthopädie), URO (Urologie),…

Die 32 Regionen sind untereinander räumlich verknüpft – verbessert die Modell-Güte.

Regressionsgleich (log-level-Modell):

Aufenthalte/EW = a + b * Betten/EW + c * Amb.VZÄ/EW + d * EW60+ + e * VWD

Ergebnisse:

Bei den Zahlen in der Tabelle sind handelt es sich um die Regressionskoeffzienten (b, c, d, e), sie sind als Elastizitäten zu interpretieren. Beispiel: 1,11 (links oben) bedeutet: steigt auf Gesamtebene das Bettenangebot um 1%, steigen die Aufenthalte/EW um 1,11%!

Abbildung 3: Regressionsergebnisse
Quelle: Eigene Darstellung

Mittels Regressionprogramm wurde der Einfluss der jweiligen Variablen auf die Krankenahushäufigkeit (quellbezogene Aufenthalte / Einwohner) berechnet.

Die Zahlen in Abb. 3 sind als Elastizitäten zu verstehen:

Interpretation der Regressions-Elastizitäten für die Gesamtebene:

a) steigt die Bettendichte in der Region um 1%steigt die KHH um 1,11% (hochsignifikanter Zusammenhang)

=> dabei handelt es sich um die angebotsinduzierten Effekte! Je größer das Bettenangebot in einer Region, desto öfter liegen die Regionsbewohner im Spital! Die angebotsinduzierten Effekte im österreichsichen Spitalswesen lassen sich also zumindest in diesem Modell nachwesien!

b) steigt die Dichte ambulanter Ärzte in der Region um 1%, sinkt die KHH um 0,65%

=> der niedergelassene und der spitalsambulante Bereich helfen den stationären Bereich zu entlasten! Das erklärt auch teilweise, wieso in OÖ die KHH so hoch ist. Denn speziell in OÖ sind die Krankenkassen sehr restritiv bei der Vergabe von Verträgen im niedergelassenen Bereich.

c) steigt der Anteil der über 60jährigen um 1%, steigt die KHH um 2,62%

=> dieser Effekt war zu erwarten. Je höher der Anteil älterer Personen in einer Region, desto höher ist die KHH.

d) sinkt die KH-Verweildauer um 1%, steigt die KHH um 0,37%

=> auch dieser Zusammenhang war zu erwarten. Seit der Einführung des LKF-Systems 1997 sind die Belagstage in KHs zwar etwas zurückgegangen, die Aufenthalte sind aber seither enorm gestiegen. Das liegt daran, dass im LKF-System nach erbrachten Leistungen (grob: nach Aufenthalten) abgrechnet wird, vor 1997 nach Bealgastagen. Wurden früher Patienten möglichst lang im Spital gehalten, werden sie nun verstärkt aufgenommen bzw. vozeitig entlassen und wiederaufgenommen. Die verkürzte Verweildauer ist also weniger ein Zeichen für eine Entlastung der Spitäler, sondern eher ein Zeichen für einen Fehlanreiz (“Mehrleistungsanreiz”) des LKF-Systems (Stichwort: Fall-Splitting).

Datenquellen: Datengrundlage: LKF-Modell 2009 u. 2007, ÖSG 2010 u. ÖSG 2008, ÖROK, Statistik Austria

Betten, Amb. VZÄ … aus ÖSG (Planungsmatrix)

Verweildauer = geplante Verweildauer für MHG-Gruppen und Fachbereichen zugeordnet… Verknüpfung aus ÖSG (Versorgungsmatrix) und LKF-Planuaufenthaltszeiten aus LKF-Modell

Anteil der über 60-jährigen: Datengrundlage: Statistik Austria; eigene Berechnungen

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