Haben sich die regionalen Versorgungsunterschiede zwischen 2007 und 2013 verringert? Ja!

Die ersten Grob-Ergebnisse zur Entwicklung der regionalen Versorgungsunterschiede (gemessen in Aufenthalten je Einwohner) in den 32 Versorgungsregionen zwischen den Jahren 2007 und 2013 schauen positiv aus. Datengrundlage: Aufenthalts-Daten aus den Jahren 2007, 2009, 2011 u. 2013. Weitere Dimensionen sind die 32 Versorgungsregionen und 208 Leistungs- und Diagnose-Gruppen. Genaueres folgt in den nächsten Tagen.

Auf Gesamtebene ist sowohl im Zeitraum von 2007 bis 2013 als auch im Zeitraum von 2011 bis 2013 die bundesweite Aufenthaltshäufigkeit zurückgegangen, nachdem es noch bis 2009 einen Anstieg gegeben hat. Das erfreuliche dabei ist, dass sich auch die regionalen Versorgungsunterschiede in den 32 Versorgungsregionen verringert haben (siehe Abb.1).

Abb. 1: Aufenthaltshäufigkeiten und regionale Unterschiede
Quelle: ÖSG 2008, ÖGS 2010, ÖSG 2012, Sonderauswertung des BMG für 2013

Betrachtet man die Aufenthaltshäufigkeiten der aggregierten “Hauptdiagnose-Gruppen” (insgesamt 114), ist die Aufenthaltshäufigkeit zwar deutlich zurückgegangen, die regionalen Unterschiede haben sich jedoch erhöht. Das liegt daran, dass in einzelnen Regionen die Aufenthaltshäufigkeiten deutlich stärker zurückgegangen sind als in den restlichen.

Bei den “Medizinischen Einzelleistungs-Gruppen” ist erst zwischen 2011 und 2013 ein Rückgang der bundesweiten Aufenthaltshäufigkeiten zu beobachten. Relativ deutlich ist hier aber die Verringerung der regionalen Unterschiede.

Genauere Analysen gibt’s in den nächsten Tagen. Die Ergebnisse sollten durchwegs positiv ausfallen. Die günstigen Entwicklungen sind jedoch kein Ergebnis der Gesundheitsreform, die erst Mitte 2013 beschlossen wurde. Die Erfolge sind eher ein Produkt der Leistungsziele aus der ÖSG-Versorgungsmatrix (siehe seit ÖSG 2010 und ÖSG 2012), die für die 208 Hauptdiagnose- und Einzelleistungsgruppen Aufenthaltsziele für die Jahre 2015 und 2020 definieren. Die Zielerreichung wird laufend in Form von Monitorings, an denen die Bundesländervertreter teilnehmen, überprüft. Während die “Gesundheitsreform” (Bundes-Zielsteuerung) tendenziell eine “kommunikative” Angelegeheit ist, sind die Leistungsziele aus der ÖSG-Versorgungsmatrix mehr auf der “inhaltlichen” Ebene anzusiedeln.

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Gesundheitsreform: Es wird Zeit die Ausgabengrenzen abzusenken (rückwirkend)

In den Beiträgen 23 (LINK) und 28 (LINK) wurde ja bereits darauf hingewiesen. Und der Rechnungshof hat bereits im März 2013 darauf hingewiesen (LINK). Die Ausgabengrenzen, die im Zuge der Gesundheitsreform für den ambulanten und den spitalstationären Sektor für die Jahre 2012 bis 2016 (offiziell nur für 2014 bis 2016) festgelegt wurden, sind deutlich zu hoch angesetzt. Für die Jahre 2012 und 2013 wurden die “endgültigen Rechnungsabschlüsse” bis jetzt nicht nachträglich in die Bundeszielsteuerung eingearbeitet. Stattdessen beließ man es bei den zu hohen Ausgabenschätzungen für diese beiden Jahre. Für die Jahre 2014 bis 2016 wollte man die Ausgabensteigerungen mit dem Wachstum des nominalen BIP begrenzen. Dafür wurden allerdings zu optimistische Wachstumsprognosen angestellt. Das prognostizierte tatsächliche nominale BIP-Wachstum liegt für den betreffenden Zeitraum etwa 1/3 unter den Annahmen von Bund/Länder/Krankenkassen. Das propagierte Ziel von Bund/Ländern/Krankenkassen, die ambulanten und spitalstationären Gesundheitsausgaben mit dem nominalen BIP-Wachstum zu begrenzen bzw. die Gesundheitsausgaben-Quote konstant zu halten, wird unter diesen Umständen deutlich verfehlt werden. Die Gesundheitsausgaben-Quote für den spitalsstationären und ambulanten Sektor wird von 5,8% (2011) auf 6,3% (2016) steigen,  sofern die Ausgabengrenzen nicht nachträglich abgesenkt werden. Aktuell sind die Ausgabengrenzen für den Zeitraum 2012 bis 2016 um 5,7 Mrd. Euro zu hoch angesetzt und für die offizielle Spanne der Bundeszielsteuerungs-Finanzziele (2014 bis 2016) um 4,4 Mrd. Euro. In Abb. 1 sieht man die tatsächlichen Ausgabengrenzen (B-ZV) im Vergleich zu den erforderlichen Ausgabengrenzen (nom. BIP-Wachstum), um die Gesundheitsausgaben-Quote konstant zu halten.

Abb. 1: Ausgabengrenzen
Quelle: Bundeszielsteuerungsvertrag, OeNB, eigene Berechnungen

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Gesundheitsreform: Schlechte Ausgaben-/BIP-Prognosen oder bewusste Manipulation der Ausgabengrenzen?

Der Monitoring-Bericht zur Einhaltung der Ziele des Bundes-Zielsteuerungsvertrags (Gesundheitsreform) hat eine sehr schöne Gelegenheit geboten einmal Einblick auf die Qualität der Finanzchefs in den Krankenkassen und den Spitalsträgern zu bekommen. Und dieser Einblick ist durchaus ernüchternd! (LINK zum Monitoring-Bericht)

Aber mal langsam! Im Rahmen der Gesundheitsreform 2013 wurden im Bundes-Zielsteuerungsvertrag Ausgabengrenzen auf Kassen- und Länderkrankenanstalten-Ebene für die Jahre 2014 bis 2016 festgelegt, die sich an der Entwicklung des nominalen BIPs orientieren sollten (Annahme: 3,6% jährlich). Da zum Zeitpunkt des Beschlusses der Gesundheitsreform noch keine “endgültigen Rechnungsabschlüsse” für die Jahre 2012 und 2013 vorlagen, mussten auch für diese zwei Jahre Prognosen angestellt werden. Für 2012 war es relativ leicht, man musste einfach die „vorläufigen Rechnungsabschlüsse“ für das Jahr 2012 heranziehen. Die “vorläufigen Rechnungsabschlüsse” sind ein halbes Jahr nach Ende des Rechnungsabschluss-Jahres in der Regel schon ziemlich genau.

Schelchtes Zahlengefühl der Finanzchefs…

Offensichtlich ist es aber für viele Finanzchefs in den Kassen und den Spitalsträgern ein großes Problem ein halbes Jahr nach Abschluss des Rechnungsabschluss-Jahres einen verlässlichen „vorläufigen Rechnungsabschluss“ zu präsentieren (siehe Abb. 1). So lagen die Finanzchefs der „SV für die Bauern“ und der der „VA für Eisenbahn u. Bergbau“ mit ihren „vorläufigen Rechnungsabschlüssen 2012“ im Juni 2013 sage und schreibe 7,3% bzw. 6,1% neben den Ergebnissen der “endgültigen Rechnungsabschlüsse”! Ein außergewöhnlich deutliches kollektives Daneben hat es in der Steiermark gegeben. Der StGKK-Finanzchef verfehlte den „endgültigen Rechnungsabschluss“ um 4,3%, während die Spitäler-Finanzchefs um 4,0% daneben zielten. Ich sag‘s mal so, bei der Hälfte der Finanzabteilungen der GKKs und Spitalsträger wäre eine einfache Fortschreibung der Vorjahres-Rechnungsabschlüsse sicherlich genauer – bitte nicht als Polemik verstehen, das ist todernst!

…oder bewusste Zahlen-Manipulation?

Was auffällt ist, dass ein Großteil der Zahlen der „vorläufigen Rechnungsabschlüsse 2012“ deutlich über den Zahlen der “endgültigen Rechnungsabschlüsse 2012″ liegt. Diese deutlichen Abweichnungen sind auch nicht mehr mit der “kaufmännischen Vorsicht” zu rechtfertigen. Man kann also auch einen anderen Schluss aus den fürchterlich schlechten „vorläufigen Rechnungsabschlüssen 2012“ ziehen. Der ist  aber noch viel vernichtender ist als mein erster Schluss. Wenn man nämlich 1 und 1 zusammenzählen kann und weiß, dass die überhöhten Zahlen der „vorläufigen Rechnungsabschlüsse 2012“ Basis für auf die Ausgabengrenzen der Jahre 2013, 2014 und 2015, 2016 sind, dann weiß man was hier mit hoher Wahrscheinlichkeit gelaufen ist… bewusst zu hoch angesetzte Ausgabengrenzen, um sich fianziellen Spielraum zu verschaffen. Gestützt wird dieser Schluss dadurch, dass die Zahlen der “endgültigen Rechnungsabschlüsse 2012″ bis heute nicht rückwirkend in den Bundeszielsteuerungsvertrag eingepflegt wurden.

Aber was wie eine Verschwörungstheorie klingt, wird noch besser. Da natürlich kaum eine Kasse oder ein Spitalsträger die im Folgejahr (2013) festgelegten Ausgabengrenzen fürs Vorjahr (2012) überschritten hatte, konnte man in Summe für  2012 “Scheineinsparungen” von 399 Mio. Euro verbuchen. Herrlich, was für eine Überraschung! Österreich, das Land in dem Gesundheitsreformen sogar rückwirkend Einsparungen bringen. Was von Bund, den Kassen und den Länder natürlich auch via Presseaussendungen gefeiert wurde, und unsere Medien habens sogar noch gefressen, mitgespielt und verbreitet… (LINK)

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Spitalsärzte-Proteste

Die wöchentliche Spitalsärzte-Höchstarbeitszeit beträgt in Österreich aktuell 72h und soll bis 2021 auf 48h reduziert werden. Damit wird schlussendlich einer EU-Richtlinie Folge geleistet, die in vielen europäischen Ländern schon längst Standard ist. Österreich, oder genauer gesagt, die Österreichischen Bundesländer gehören in dieser Angelegenheit also zu den Nachzüglern. Lediglich in NÖ ist die Richtlinie bereits flächendeckend umgesetzt. In den anderen Bundesländern haben die mehrmaligen Mahnungen der EU bisher keine Wirkung gezeigt.

Die Spitalsärzte-Proteste sind begrüßenswert. Proteste, wenn gut begründet, sind immer etwas Feines, in Österreich regt sich ja ohnehin kaum noch wer nachhaltig auf. Die Senkung der wöchentlichen Maximalarbeitszeit auf 48h ist ein völlig legitimes Anliegen und dementsprechend nachvollziehbar. Auch die Forderung nach einer Anhebung der Grundgehalter, vor allem bei Jungärzten, scheint gerechtfertigt zu sein, da die Grundgehälter bei der 72h-Woche aufgrund der Überstundenzuschläge entsprechend niedriger angesetzt waren. Die teilweise aufkommende Debatte, ob Spitalsärzte allgemein zu wenig verdienen, schießt dann aber wohl doch etwas über das Ziel hinaus.

Viel mehr würde ich mir wünschen, dass sich der Spitalsärzte-Protest in einen idealistischeren Protest entwickelt, also in ein stärkeres Hinterfragen der Strukturen des Österreichischen Gesundheitssystems - im Sinne der Patienten. Denn die Bevölkerung, speziell in Österreich, nimmt empirisch betrachtet immer alles so hin wie es ist, oft ohne zu hinterfragen, auch im Gesundheitssystem. Und genau das ist der Grund, weshalb sich die Ärzte ihrer gesellschaftlichen Verantwortung und der Verantwortung gegenüber den Patienten bewusst werden müssen, da ihnen die Patienten vertrauen. Denn die Patienten machen in der Regel das was ihnen der Arzt rät, und nicht das was sich ein Gesundheitspolitiker oder ein Gesundheitsökonom vorstellen, wie es sein sollte. Es sollte bei den Protesten also um weit mehr gehen als die eigenen Interessen, andernfalls haben wir das, was in anderen Bereichen längst der Fall, dass sich nämlich die sogenannten “Eliten” aus der Verantwortung ausnehmen und sich lieber in ihrer “Schrebergärten” zurückziehen. Und Ärzte gehören nun mal zur gesellschaftlichen Elite.

Gerade von den veränderungswilligen Turnus- und Jungärzten erwarte ich mir einiges. Von wem sonst! Denn von der älteren Generation, also genauer gesagt dem Teil der älteren Generation, der sich in Positionen befindet, wo man etwas bewirken könnte (betrifft nicht nur die Ärzte), kommt im Grunde genommen nichts mehr. Dieser Teil der Bevölkerung unterläuft die Zukunft der jungen Generation tagtäglich. Darum ist es so wichtig, dass sich die junge Generation endlich verstärkt einmischt, in diesem Fall die Jungmediziner. Und gscheite Forderungen gibt’s ja so einige. Hier ein LINK zu einer äußerst interessanten PPP, wo sich angehende Mediziner Gedanken über die Primärversorgung machen. Jetzt müsste man diese Vorschläge nur noch breit angelegt einfordern…

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Die Wiener Gebietskrankenkasse wäre im Deutschen öffentlichen Kassenwettbewerbs-System aktuell nicht wettbewerbsfähig – Gründe

In Beitrag 25 (LINK) wurde die Wirkung des „Ausgleichsfonds der Gebietskrankenkassen“ analysiert und dabei festgestellt, dass interessanterweise ältere, beitragsschwächere Gebietskrankenkassen (NÖGKK, OÖGKK, SGKK) über den Ausgleichsfonds die junge, beitragsstarke/beitragsstärkste Wiener GKK (WGKK) bezuschussen. Bezuschusst wird damit vor allem das ambulante Überangebot in Wien (derzeit 281 Ärzte-VZÄ – LINK), weniger das Hanusch-KH.  Zudem wurde gezeigt, dass sich unter den Bedingungen des deutschen öffentlichen Krankenkassen-Systems (GKV) im GKK-System einiges ändern würde.  Dort wäre die Wiener GKK aufgrund der jungen Versichertenstruktur ein großer Nettozahler und würde mit ca. 254 Euro je Vers. weniger als derzeit (1847 Euro je Vers.) wirtschaften müssen, was für die Wiener GKK das finanzielle Aus bedeuten würde. Profitieren würden vom veränderten “Kassen-Finanzausgleich” sämtliche Bundesländer-GKKn (siehe Abb. 1, vorletzte Spalte).

Abb. 1: GKK-Erträge und Kassen-Finanzausgleich – Benchmark: Dt. Risikostrukturausgleich

Deutscher Morbiditätsbasierter Risikostrukturausgleich (“Morbi-RSA”)

Grund für die Nicht-Wettbewerbsfähigkeit der Wiener GKK in Deutschland wäre, dass sich das deutsche Wettbewerbs-Krankenkassen-System kurioserweise gegenüber älteren, morbideren Krankenkassen deutlich solidarischer zeigt als das österreichische Nicht-Wettbewerbs-Krankenkassensystem (sonst Risikoselektion). So definiert der deutsche Ausgleichsmechanismus (“Morbi-RSA” – LINK) die Risikostruktur der Krankenkassen nämlich ausschließlich über die Alters- und Morbiditäts-Struktur der Versicherten und verteilt danach. Dabei transferieren die Krankenkassen zunächst sämtliche Beiträge und Erträge an den Deutschen Gesundheitsfonds. Der Gesundheitsfonds weist anschließend das Fonds-Volumen (200 Mrd. Euro) sämtlichen Kassen auf Versichertenebene in Form von einheitlichen Pauschalen zu (=100%iger Einkommensausgleich) und ergänzt abschließend die Pauschalen um Morbiditäts- und Alterszuschläge (=Risikostrukturausgleich). Die Zuschläge ergeben sich dabei aus einem Regressionsmodell, das jährlich auf den neuesten Datenstand gebracht wird. Die hohe Solidarität gegenüber „älteren“ Kassen hat jedoch keine sozialromantischen Gründe, sondern ist einfach die Grundlage für fairen Wettbewerb unter den 130 dt. öffentlichen Krankenkassen. Ohne RSA wären die Krankenkassen motiviert, verstärkt junge, gesunde, wenig kostenintensive Menschen zu versichern, anstatt ältere, morbidere, kostenintensive (Risikoselektion).

Vergleich: Morbi-RSA mit Ausgleichsfonds der GKKn

Ein 100% Einkommensausgleich, wie im dt. Krankenkassen-System, ist im ö. GKK-System aktuell nicht vorgesehen. Den GKKn bleiben 98,36% der Beitragseinnahmen. Nur 1,64% gehen an den „Ausgleichsfonds“, worüber danach ein „kleiner“ Risikostrukturausgleich stattfindet. Allerdings schwanken Versicherten-Altersstrukturen der dt. Kassen deutlich stärker als bei den regional agierenden ö. Kassen, weshalb der ö. Ausgleichfonds verhältnismäßig gar nicht mal so „klein“ bemessen ist.

Wesentlicher Unterschied – Regionalfaktor

Ein großer Unterschied besteht vor allem beim „infrastrukturellen Ausgleich” (“Regionalfaktor”). Während man in Deutschland explizit davon absieht und damit argumentiert, dass der Ausgleich von angebotsseitigen regionalen Unterschieden (Bettendichte, Ärztedichte,…) zu einer ungewünschten Verfestigung bestehender Strukturen führen würde (LINK), ist in Österreich ein  “infrastruktureller Ausgleich” (“Wiener Großstadtfaktor”) vorgesehen. Ohne ihn wäre die Wiener GKK ein großer Netto-Zahler, tatsächlich ist sie jedoch ein Netto-Empfänger. Zwar wird auch von mehreren dt. Krankenkassen (mit urbaneren Versicherten) ein regionaler Ausgleichsfaktor in den RSA hineinreklamiert – Argument: sonst Risikoselektion zuungunsten urbaner Versicherter – realistisch ist eine Verwirklichung in den nächsten Jahren allerdings nicht. Dabei wäre ein regionaler Ausgleichsfaktor in Deutschland viel eher gerechtfertigt, da die dt. Kassen auf die regionale Angebotsplanung kaum Einfluss haben. Und  Ausgabentreiber, auf  die die Kassen kaum Einfluss haben (exogene Faktoren), sollten  den RSA-Prinzipien entsprechend eigentlich ausgeglichen werden. Einen zu geringen Einfluss auf die ambulante Wiener Angebotsplanung kann man der Wiener GKK hingegen wahrlich nicht nachsagen, schließlich hat sie in Wien ein Quasi-Monopol. Verkehrte Welt, sozusagen. In Zahlen beträgt der Wiener Großstadtfaktor ca. 254 Euro je Versicherten oder 14% der Erträge der Wiener GKK.

Anhang:

Abb. 2: RSA-Zuschläge für Altersgruppen
Quelle: Deutsches Bundesversicherungsamt

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Der Krankenkassen-Ausgleichsfonds. Funktioniert er? Ist Krankenkassen-Wettbewerb möglich?

Der Krankenkassen-Ausgleichsfonds. Funktioniert er? Ist Krankenkassen-Wettbewerb möglich?

Zusammenfassung: Bei den Versicherten-Altersstrukturen der neun Gebietskrankenkassen gibt es deutliche Unterschiede. Eine höhere Altersstruktur bedeutet in der Regel Nachteile sowohl auf der Einnahmenseite als auch auf der Ausgabenseite. Um diese Nachteile auszugleichen, wurde der sogenannte „Ausgleichsfonds“ (ca. 1% der GKK-Einnahmen) geschaffen. Die Analyse zeigt, dass der Ausgleichsfonds (§447 ASVG – LINK) tatsächlich zugunsten der “älteren” GKKs kompensierend wirkt und dass der Österreichische Risikoausgleich, im Gegensatz zum Deutschen “Risikostrukturausgleich”, auch infrastrukturelle Unterschiede berücksichtigt (“Großstadtfaktor” für Wiener GKK). Eine erhebliche  Ausgleichswirkung kann zudem über die Nicht-Beitragseinnahmen (ca. 14% der GKK-Einnahmen) nachgewiesen werden. Grundsätzlich kann man sagen, dass es im GKK-System einen funktionierenden Risiko-Ausgleich gibt, der Basis für einen Kassenwettbewerb sein könnte. Ein finanzieller Risiko-Ausgleich zwischen Kassen, um Risiko-Selektion zu vermeiden, ist in Kassenwettbewerbsländern üblich. Für Kassenwettbewerb müsste der Ausgleichsfonds allerdings höchstwahrscheinlich etwas größer bemessen werden. Außerdem müsste man den Ausgleichsfonds um einen methodisch definierten Zuweisungsmechanismus ergänzen, um Objektivität und Transparenz bei der Verteilung des Fonds-Volumens zu gewährleisten (siehe Deutschland, Niederlande, Schweiz). Und um die Wiener GKK aufgrund der ambulanten Überversorgung in Wien nicht innerhalb kürzester Zeit in das finanzielle Aus zu treiben, müsste wohl (vorläufig) die infrastrukturelle Komponente (“Großstadtfaktor”) aufrechterhalten werden. Bei der Anwendung des Dt. Risikostrukturausgleich-Modells, das keinen infrastrukturellen Ausgleich vorsieht, würde die Wiener GKK nämlich ca. 250 Euro je Versicherten an die Bundesländer-GKKs verlieren und enorme Verluste schreiben.

Allgemeines

Die neun österreichischen Gebietskrankenkassen finanzieren sich zu einem Großteil durch Krankenkassen-Beiträge und Kosten-Beiträge der Versicherten. Man kann dabei beobachten, dass die Beitragseinnahmen der Krankenkassen sehr stark von der Versichertenstruktur bzw. der Altersstruktur der Versicherten abhängen. Auch die Ausgabenseite wird maßgeblich von der Altersstruktur getrieben. Das Problem, dass sich daraus ergibt, ist durchaus beträchtlich, denn eine überdurchschnittlich alte Versichertenstruktur bedeutet  sowohl auf der Einnahmenseite als auch auf der Ausgabenseite Nachteile! Und diese Benachteiligungen sind in der Regel nur minimal durch Effizienzvorteile kompensieren. Im GKK-System sollen diese Verzerrungen mit Hilfe des sogenannten “Ausgleichsfonds”  (nicht zu verwechseln mit dem “Kassenstrukturfonds” – LINK) behoben werden, der strukturelle Nachteile der Kassen ausgleicht. Die Dimension des Ausgleichsfonds ist dabei mit 1,64% der GKK-Beitragseinnahmen bemessen (LINK).

Grundsätzlich ergeben sich daraus folgende Fragen:

  (a) Ist der Ausgleichsfonds eigentlich notwendig?

  (b) Ist der Ausgleichsfonds groß genug bemessen? 

  (c) Ist der Ausgleichsfonds treffsicher?

  (d) Wäre mit dem aktuellen Ausgleich fairer Kassenwettbewerb möglich?


(A)   Braucht es eigentlich einen Ausgleichsfonds? (Ja)

Mit Hilfe einer einfachen Korrelationsanalyse lässt sich bestätigen, dass für das GKK-System ein Ausgleichsfonds notwendig ist. Denn die Altersstruktur der Versicherten hat maßgeblichen Einfluss auf die Einnahmen- und Ausgabenpositionen einer Kasse. „Ältere“ Krankenkassen sind dabei erheblich benachteiligt und könnten diese Nachteile ohne Ausgleichsfonds nur durch deutliche Leistungskürzungen oder Beitragserhöhungen kompensieren.

Was zeigt die Korrelationsanalyse im Detail (Abb. 1). Nun, die Versicherten-Altersstruktur, gemessen mit dem Durchschnittsalter, schwankt zwischen Bodensee (GKK Vorarlberg: 40,0 Jahre) dem Neusiedlersee (GKK Burgenland: 43,8 Jahre) beträchtlich. Die Unterschiede in der Altersstruktur spiegeln sich in den Versicherten-Erwerbssituation wider. So zeigen die Zahlen deutlich, dass mit zunehmendem Durchschnittsalter der Versicherten-Anteil der Erwerbsfähigen sinkt bzw. die Pensionisten-Quote steigt. Und während Pensionisten für eine Krankenkasse niedrigere Beitragseinnahmen bzw. erhöhte Ausgaben bedeuten (zwei negative Effekte), verhält es sich bei den erwerbsfähigen Versicherten genau umgekehrt, sie bringen höhere Beitragseinnahmen bzw. verursachen niedrigere Ausgaben (zwei positive Effekte).

Die Zusammenhänge zeigen sich stärker, wenn man die Wiener Gebietskrankenkasse aus der Analyse ausnimmt – speziell bei den Leistungsausgaben. Die WGKK fällt insofern aus dem Rahmen, weil sie aufgrund der erhöhten Wiener Versorgungsdichte (aktuelle 281 niedergelassene Ärzte-VZÄ über dem Bedarf, siehe LINK) die mit Abstand höchsten Ausgaben je Versicherten ausweist – angebotsinduzierte Nachfrage (LINK). Die Korrelations-Analyse “mit” und “ohne” Wien ist im Anhang zu finden (Tabelle 1).

Abb. 1: Zusammenhänge im GKK-System
Quelle: GKK-Geschäftsberichte, SV-Statistik, Statistik Austria

(B)   Ist der Ausgleichsfonds groß genug bemessen? (Bedingt)

Alles in allem bestätigen die Zusammenhänge aus der Regressionsanalyse auf den ersten Blick, dass im GKK-System der angewandte Finanzausgleich zwischen den Krankenkassen unter den derzeitigen Rahmenbedingungen ausreichend bemessen zu sein scheint und dass ein Ausgleich zugunsten der „älteren“ Krankenkassen stattfindet (altersstruktureller Ausgleich). Allerdings fällt auf, dass bereits ein erheblicher Ausgleich über die Nicht-Beitrags-Erträge (14% der Kassen-Erträge; Ertragsposition 12 – 18 in den Geschäftsberichten) stattfindet, die größenbedingt stärker wirken als der Ausgleichsfonds (ca. 1% der Kassen-Erträge). Im Besonderen bei Ertragsposition 13 („Ersätze für Leistungsaufwendungen“), könnte dem Bund ein wesentlicher Steuerhebel zur Kompensation von Strukturnachteilen zur Verfügung stehen (LINK). Denn speziell die beitragsschwachen GKKs Burgenland (312 Euro je Vers.) und Kärnten (236), sowie das ausgabeintensive Wien (347) lukrieren über diese Position die höchsten Erträge.

In Abb. 2 sieht man nun die Ertragssituation der Krankenkassen, aufgebaut in drei Stufen, und deren Abhängigkeit von der Altersstruktur der Krankenkassen. In der ersten Stufe (rote Punkte/Linie) erkennt man (wie bereits im vorangegangen Punkt), dass die Beitragseinnahmen leicht signifikant mit den Durchschnittsalter der Kasse zusammenhängen => je älter die Versichertenstruktur, desto geringer die Beitragseinnahmen. In der zweiten Stufe (blaue Punkte/Linie) werden die Beitragseinnahmen um die Nicht-Beitrags-Einnahmen ergänzt. Es zeigt sich, dass die Nicht-Beitrags-Einnahmen für eine Umkehrung des Zusammenhangs sorgen. Denn bei der Kombination von Beitragseinnahmen und Nicht-Beitrags-Erträgen haben „ältere“ Kassen tendenziell höhere Erträge je Versichertem. Die Netto-Ausgleichsfonds-Erträge sind schlussendlich (Stufe 3grüne Punkte/Linie) einer Verfeinerung der vorangegangenen Stufe. Mit den Zahlungen aus dem Ausgleichsfonds wird die finanzielle Umverteilung von den „jüngeren“ zu den „älteren“ Kassen sogar deutlich signifikant.

Abb. 2: Ausgleichswirkung des Ausgleichsfonds
Quelle: GKK-Geschäftsberichte, Statistik Austria

Bei der Analyse mit Wien ist nach der Umverteilung zwar eine Verbesserung zugunsten der „älteren“ Kassen feststellbar, allerdings nur leicht signifikant. Grund dafür ist, dass der Österreichische Ausgleich, im Gegensatz zum Deutschen “Risikostrukturausgleich”, nicht nur Demographie und die damit korrelierte Morbidität ausgleicht, sondern auch Versorgungsunterschiede (infrastruktureller Ausgleich). Im Deutschen Risikostrukturausgleich wird die Nicht-Kompensation von infrastrukturellen Unterschieden damit argumentiert, dass andernfalls Strukturunterschiede verfestigt werden würden.

Zusammenfassend gesagt ist der Österreichische Ausgleichfonds groß genug bemessen, allerdings unter der Voraussetzung, dass weiterhin ein wesentlicher Ausgleich zugunsten der beitragsschwächeren/ausgabenintensiveren „älteren“ Krankenkassen bereits über die Nicht-Beitrags-Erträge erfolgt. Ein erheblicher Ausgleich über die  Nicht-Beitrags-Erträge ist nämlich feststellbar. Außerdem kann man deutlich erkennen, dass der Österreichische Ausgleich, im Gegensatz zum Deutschen Risikostrukturausgleich, auch strukturelle Unterschiede abseits von Demographie und Morbidität kompensiert – siehe Wien („Großstadtfaktor“).

(C)   Ist der Ausgleichsfonds treffsicher? (Bedingt)

Ob der Ausgleichsfonds treffsicher ist, ist schwierig zu beantworten. Tendenziell verteilt er Gelder zu „älteren“ und damit finanziell benachteiligten Gebietskrankenkassen um. Zudem erhält die Wiener Gebietskrankenkasse, trotz der zweitjüngsten Versicherten-Struktur und trotz der deutlich höchsten Beitragseinnahmen je Versicherten Gelder aus dem Ausgleichsfonds. Grund für den Zuschuss ist offensichtlich der „Großstadtfaktor“ – höheres Angebot und damit höhere Leistungsnachfrage. Zwar gibt es laufend Proteste gegen den Wiener “Großstadtfaktor”, speziell von Ausgleichsfonds-Netto-Zahlern in Vorwahlzeiten (LINK), die sogar mit kleinen Erfolgen gekrönt waren, aber die immer noch deutlichen Netto-Erträge aus dem Ausgleichsfonds sprechen dafür, dass der “Großstadtfaktor” grundsätzlich akzeptiert wird. Sollte das tatsächlich der Fall sein, ist der Ausgleichsfonds als treffsicher einzuschätzen.

Zoomt man sich jedoch das Deutsche Risikostrukturausgleichs-Modell (“Morbi-RSA” LINK – finanzieller Ausgleichsmechanismus zwischen Kassen, um Risikoselektion zuungunsten älteren, morbideren Versicherten zu verhindern und fairen Kassenwettbewerb zu ermöglichen) nach Österreich herein, fällt die Bewertung anders aus. Dort gleicht man nämlich explizit keine infrastrukturellen Unterschiede aus, da man dadurch die Verfestigung von Strukturen befürchtet (LINK). Ausgeglichen werden lediglich Morbiditäts-Unterschiede (HMGs), sowie Alters- und Geschlechts-Unterschiede (AGGs). Allerdings wäre ein Großstadtfaktor im Deutschen Krankenkassen-System (GKV) eher vertretbar, weil die Krankenkassen im Nachbarland deutlich weniger Einfluss auf die Versorgungsplanung haben als die hiesigen GKKn (LINK). Wendet man nun den Deutschen RSA auf Österreich an, würde der Österreichische Krankenkassen-Ausgleich wohl als wenig treffsicher bewertet werden. Im RSA-Modell würden nämlich allen acht Bundesländer-GKKn (+15 bis +107 Euro je Versicherten) zusätzliche Ausgleichszahlungen auf Kosten der Wiener GKK (-254 Euro je Vers.) zustehen (siehe Abb. 3). Bei den Berechnungen wurden RSA-Zuschläge auf die Gesamterträge der GKKn nivelliert.

Abb. 3: GKK-Erträge und Kassen-Finanzausgleich – Benchmark: Dt. Risikostrukturausgleich

(D)   Wäre mit dem aktuellen Ausgleich fairer Kassenwettbewerb möglich? (Bedingt)

Man hat gesehen, dass der Österreichische Krankenkassen-Ausgleichsfonds im GKK-System grundsätzlich akzeptiert ist und neben altersstrukturellen Unterschieden auch infrastrukturelle Unterschiede („Großstadtfaktor“) ausgleicht. Beide Korrekturen würden bei einem Kassenwettbewerb verhindern, dass es zu einer Risikoselektion zu Lasten von älteren oder urbanen Versicherten kommt. Um einen Kassenwettbewerb zu realisieren, müsste allerdings noch ein Automatismus für die Ausgleichszuweisungen etabliert werden, ähnlich den Risikostrukturausgleichen in Deutschland, der Schweiz oder den Niederlanden. Zudem müsste man höchstwahrscheinlich das Etat des Ausgleichsfonds ausweiten.

 

Tabellen-Anhang

Tab. 1: Zusammenhänge im GKK-System
Quelle: GKK Geschäftsberichte, SV-Statistik, Statistik Austria

 

Abb. 4: RSA-Zuschläge für Altersgruppen
Quelle: Deutsches Bundesversicherungsamt

 

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Die Vergesslichkeit der sogenannten Qulitätsmedien

Die Österreichische Bundesregierung, die Krankenkassen und die Länder einigten sich 2013 über Ausgabengrenzen im Gesundheitsbereich für das Jahr 2012 – also nachher anstatt vorher – und feiern nun (2014) eine Übererfüllung der Einsparziele! Kein Scherz. Chronologisch ist das wohl etwas durcheinander gekommen, zumindest hätte man die Erfolgsmeldungen lassen können, es ist nämlich unseriös. Denn es ist ungefähr so, wie wenn ein Fußballer mal auf Spielfeld geht, dort ein bisserl kickt, vielleicht sogar sehr schlecht spielt, aber gemütlichkeitshalber die Leistungsziele für die Leistungsprämie erst nach dem Spiel festlegt und eine Leistungsprämie einfordert, auch wenn das Spiel unter Umständen sogar verloren gegangen ist…

Unglaublich, aber wahr, sage und schreibe 3 Bundesländer (Salzburg, Vorarlberg, Wien) haben 2013 nicht gewusst haben, wie stark ihre Ausgabensteigerungen 2012 waren, und haben dementsprechend 2013 für das Jahr 2012 zu niedrige Ausgabengrenzen angesetzt! Sprich: Obwohl die Ausgaben schon angefallen waren, wurden die Ausgabengrenzen zu niedrig angesetzt… Eine sehr kuriose Erklärung für die Überschreitung gibt es im  Vorarlberg – eigentlich ein Vorzeigebundesland. Dort wird die Überschreitung mit einer Gehaltsreform begründet. Hat man in Vorarlberg 2013 nicht mehr gewusst, dass man 2012 eine Gehaltsreform durchgeführt hat!?!? Tja, man weiß nicht, soll man weinen oder lachen…

Gut, das ist eben die Vorgehensweise der Österreichischen Bundesregierung, Krankenkassen und Länder. Das soll so sein, jede Bevölkerung bekommt die Politiker, die sie verdient! Bedenklich ist jedoch die Vergesslichkeit der sogenannten Österreichischen „Qualitätsmedien“!

Zur Erinnerung, der Bundesrechnungshof kritisierte 2013, dass die Grenzen bei den Ausgabensteigerungen (2012-2016 im Schnitt 3,6% jährlich) zu wenig ambitioniert wären, da damals in den vergangenen 3 Jahren die jährlichen Ausgabensteigerungen ohnehin schon auf 3,0% gesunken waren. Unter anderem berichteten im März 2013 „Der Standard“ und „ORF.at“ über die Rechnungshofkritik! (siehe Quelle 1 u. 2). Im August 2014 feierten jedoch beide mit Jubelüberschriften die „Übererfüllung der Finanzziele“ (siehe Quelle 3. u. 4.). Und auch die beiden anderen Qualitätsmedien („Die Presse“ u. „Salzburger Nachrichten“) titelten ohne zu hinterfragen die „Übererfüllung der Finanzziele“ (sieh Quelle 5 u. 6).

Ironischerweise handelt es sich bei diesen sogenannten Qualitätsmedien um Sprachrohre, die nicht selten in einer despektierlichen Art und Weise über den Österreichischen öffentlichen Bereich schreiben. Es muss ein echter Genuss für den Österreichischen öffentlichen Bereich sein, von solchen Qualitätsmedien umgegeben zu sein.

Schöne Grüße aus München!

Quellen:

[1]http://derstandard.at/1363239278399/Gesundheitsreform-Rechnungshof-kritisiert-Stoeger-Entwurf

[2] http://oe1.orf.at/artikel/334537

[3] http://derstandard.at/2000004203373/Finanzziele-der-Gesundheitsreform-uebererfuellt

[4] http://orf.at/stories/2241345/

[5]http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/3852894/Gesundheitsreform_Finanzziele-ubererfullt?from=suche.intern.portal

[6] http://www.salzburg.com/nachrichten/oesterreich/politik/sn/artikel/gesundheitsreform-finanzziele-uebererfuellt-116958/

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Gesamtwirtschaftliche Folgen der Krankenkassensanierung

Aus betriebswirtschaftlicher Sichtweise sind die Krankenkassen in den letzten Jahren erfolgreich saniert worden, aus gesamtwirtschaftlicher Sichtweise überwiegen jedoch die weniger vorteilhaften Folgeeffekte auf Patienten, Arbeitnehmer und Unternehmen. Ähnlich wie die Sanierung des Bundes-Haushaltes u. der Länder-Haushalte, ist nämlich auch die Kassensanierung verstärkt auf Einnahmeneffekte zurückzuführen, nur bedingt auf Strukturmaßnahmen. So lag das Kassen-Ausgabenwachstum zwischen 2002 u. 2012 in etwa bei der Entwicklung des nominalen Bruttoinlandsprodukts, während die Beitragseinnahmen um 8,2% schneller gewachsen sind als die Wirtschaftskraft.

Nach einem Blick in die Hauptverbandsstatistik “Sozialversicherung in Zahlen 2013″ (LINK) ist die Kassensanierung eine stark einnahmenseitig geprägte Sanierung mit einem “Gewinner” und drei “Verlierern”: Also vorteilhaft für die Kassen (aus betriebswirtschaftlicher Sicht saniert), nachteilig für die Patienten (weniger Vertragsärzte), nachteilig für Arbeitnehmer-Gehälter bzw. Inlandskonsum (mehr Abgaben  in Form von SV-Beiträgen) und nachteilig für die Unternehmen bzw. Wettbewerbsfähigkeit (SV-bedingt gestiegene Lohnnebenkosten) – siehe Tabelle.

Tabelle: Kassenstatistik

Einnahmen:

In Zahlen ausgedrückt, sind die Kassen-Ausgaben zwischen 2002 u. 2012 um 40,5% gestiegen, während die Beitragseinnahmen um beachtliche 47,4% gewachsen sind! Im gleichen Zeitraum ist die Summe der Brutto-Einkommen der ö. Arbeitnehmer u.  Unternehmer – das nominale Bruttoinlandsprodukt – jedoch nur um 39,2% gestiegen. Die Kassensanierung ist deshalb weniger auf Strukturmaßnahmen zurück zu führen, sondern verstärkt auf Einnahmeneffekte.

Wesentliche Einnahmentreiber der Kassen sind die Erhöhungen der Höchstbeitragsgrundlage – zuletzt um 5% auf 4.440 Euro! – und das jährliche Beschäftigungswachstum – demographisch bedingt derzeit jährlich in etwa 1%-1,5% Mehrbeschäftigung. Für Mehreinnahmen sind also Beitragssatz-Erhöhungen nicht notwenigerweise erforderlich.

Ausgaben:

Die Ausgaben entwickelten sich zwischen 2002 u. 2012 deutlich langsamer als die Einnahmen, wobei die geringeren Ausgaben weniger auf Strukturbereinigungen des Kassenapparates zurückzuführen sind (z.B.: Zusammenlegung der 22 öffentlichen Kassen), sondern vielmehr auf einen Rückgang der Kassenvertragsärzte (Zahnärzte: -1,3%, Allgemeinmediziner: -3,5%; Fachärzte: -7,8%). Die dadurch verminderte Versorgungsdichte im niedergelassenen Vertragsärztebereich wird durch einen Bevölkerungsanstieg von 4,3% (2002-2012) zusätzlich reduziert.

Wieso der Vertragsärzte-Rückgang, ist nicht ganz geklärt, zumindest haben die Kassen ein ernsthaftes Problem für den niedergelassenen Bereich Ärzte zu finden! Und das obwohl die GÖG zwischen 2010 und 2030 einen Mehrbedarf an Ärzten im niedergelassenen Bereich von 20% prognostiziert hat. Gleichzeitig hat man sich Bundeszielsteuerungsvertrag dazu verpflichtet künftig mehr Patienten ambulant zu versorgen. Wie das bei der aktuellen Entwicklung gelingen soll, ist fraglich.

Ausblick:

Mittelfristig brauchen die Kassen wohl einen nötigen gesamtwirtschaftlichen Turnaround vom fragwürdigen betriebswirtschaftlichen Turnaround (also der sogenannten “Kassensanierung”). Daraus entstehende Kassendefizite sollten nicht gleich als Misserfolg der Kassen gewertet werden, da eine unreflektierte betriebswirtschaftliche Sichtweise im Gesundheitswesen nur Schaden anrichtet. Die mittelfristig “nötigen” Defizite sollten aber nicht über Steigerungen der Beitragseinnahmen finanziert werden, sondern über Umschichtungen aus dem stationären Bereich (ein bekanntes Thema)! Denn der private Inlandskonsum u. die ö. Wettbewerbsfähigkeit sind ohnehin schon stark belastet (siehe Grafik). Ich hoffe, es ist deutlich geworden, dass die Erfolg bei der Kassensanierung eindeutig zu betriebwirtschaftlich definiert wird und sich viele Entscheidungsträger offensichtlich gar nicht bewusst sind, welche negativen Folgeeffekte diese Art der Sanierung mit sich gebracht hat.

Grafik: Abgabenbelastung

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ÖSG-Bedarfsziele

Der Bedarf an stationären Leistungen ist nicht sehr einfach zu ermitteln. Einen Versuch hat die GÖG (Gesundheits Österreich GmbH) gewagt, die Ergebnisse flossen in die ÖSG-Versorgungsmatrix ein (seit ÖSG 2010). Dort findet man regionale Zielwerte für über 200 Leistungs- u. Diagnose-Gruppe (z.B.: Hüft-OPs) für das Jahr 2015. Hinter diesen Werten stecken „Einschätzungen der ärztlichen GÖG/ÖBIG-Expertengremien, hinsichtlich Auswirkungen der medizinischen und technischen Entwicklung“. Die Zielwerte sollten mit einer Spannweite von +/-25% eingehalten werden (vgl. ÖSG 2012, S. 18 – LINK). Zu einem sehr hohen Grad liegen die Versorgungsregionen innerhalb dieser Grenzen. Vereinzelt gab es allerdings schon 2011 Überschreitungen der Obergrenze. Es wird aufgund der alternden Bevölkerung nicht leichter diese Zielvorgaben einzuhalten.

In den folgenden Grafiken findet man Aufenthaltshäufigkeiten zu den Gesamtaufenthalten und zu ausgewählten MHG-Gruppen (es gibt ingesamt ca. 200 MHG-Gruppen – z.B.: Hüftgelenksoperationen). Enthalten sind die Ist-Werte für die Jahre 2007, 2009 und 2011, sowie der Planwert für 2015. Dabei wurden die MHG-Aufenthalte aus den jeweiligen ÖSGs (Österreichischer Strukturplan Gesundheit) auf die Regionsbevölkerungen umgelegt. Grundsätzlich wird es demographisch nicht leichter – die Bevölkerung altert – die Planwerte für 2015 einzuhalten. Trotzdem lagen einige Regionen bereits 2011 deutlich über den Planwerten für 2015.

Abb. 1: Sämtliche Aufenthalte

Abb. 2: Arthoskopien

 

Abb. 3: Hüft-TEP

 

Abb. 4: Knie-TEP

 

Abb. 5.: Katarakt-Operationen

 

Abb. 6: Hysterektomien

 

 

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Zusatzkosten durch Fehl-Allokation der Spitalsbetten zwischen 2001 u. 2011 – Bundesländer-Vergleich

Inhalt

1) Einleitung
2) Erklärungen zu Berechnungen
3) Ergebnisse: Zusatzkosten durch Fehlallokation, mit Vorarlberg als Benchmark

1) Einleitung

Mit Fehlallokation im Spitalswesen ist gemeint, dass die Spitalsbetten nicht dort stehen, wo der Bedarf ist, wodurch die Spitalsbetten nicht ihre volle Wirkung entfalten. Die Folge der Fehlallokation ist, dass Patienten vermehrt Spitäler außerhalb der Wohnregion aufsuchen.

Wie in Beitrag 18 gezeigt wurde, setzen die Spitalssysteme der Bundesländer ihre Betten unterschiedlich effektiv ein. So versorgt beispielsweise Vorarlberg je Spitalsbett ein um 15% größeres Einzugsgebiet als ein Spitalsbett in Kärnten.

In diesem Beitrag wird nicht die Effektivität der Spitalsbetten (Wie viel Einwohner werden mit einem Spitalsbett versorgt; Einzugsgebiet/Einwohner), sondern der Kehrwert, die Effizienz der Spitalsbetten (Wie viele Spitalsbetten werden für die Versorgung von 1000 Einwohner benötigt; Spitalsbetten je Einwohner), als Berechnungsgrundlage herangezogen.

Würden sämtliche Bundesländer ihre Spitalsbetten so effizient einsetzen, wie Wien, Vorarlberg o. Tirol, hätte man zwischen 2001 und 2011 jährlich etwa 2.500 (5,1%) bis 3.100 (6,4%) Spitalsbetten weniger gebraucht! In Geldeinheiten bedeutet das, dass zwischen 2001 und 2011 jährlich (inflationsbereinigt, du. Inflation=2%) ca. 372 Mio. Euro (Benchmark: Wien) bis 484 Mio. Euro (Benchmark: Vorarlberg) zusätzliche Kosten aufgrund ineffektiver Allokationsplanung angefallen sind. Kumuliert (Aufzinsungsfaktor: 4,6%) sind zwischen 2001 u. 2011 somit 4,1Mrd. Euro (Benchmark: Wien) bis 5,3 Mrd. Euro (Benchmark: Vorarlberg) vermeidbare Kosten angefallen.

2) Erklärungen zu Berechnungen

Grundlage für die Berechnungen der Kosten der Fehl-Allokation ist die Bettendichte im Einzugsgebiet (Berechnet mit Patientenbewegungsdaten in Belagstagen) der Spitäler – Betten je 1000Ew. im Einzugsgebiet. An dieser Kennzahl kann man ablesen, dass beispielsweise Vorarlberg für die Versorgung von 1000 Ew. im Einzugsgebiet deutlich weniger Betten benötigt als viele andere Bundesländer – Vorarlberg 2011: 5,3 Betten je 1000Ew. Einzugsgebiet, Salzburg 6,1 Betten je Einwohner Einzugsgebiet – (siehe Abb. 1)

Die Unterschiede bei der Bettendichte sind zu einem großen Teil auf Fehlallokation der Spitalsbetten zurückzuführen. So ist die Spitalsbetten-Planung seit jeher ein sehr politisches Thema, wodurch objektive Kriterien, wie der wirkliche Bedarf, in den Hintergrund rücken. Zwar sind dann ingesamt betrachtet trotzdem genügend Spitalsbetten vorhanden, aber auf Fachbereichsebene wird der Bedarf nur in den seltensten Fällen erfüllt (z.B.: zu viele Chirurgie-Betten, zu wenig Psychiatrie-Betten). In der Folge lassen sich vermehrt Patienten außerhalb der Wohn-Region behandeln => die Auslastung der Betten und die Größe des Einzugsgebietes der Spitäler der Wohnregion sinken => die Bettendichte steigt. Davon abgesehen, kann für das Verlassen der Wohnregion auch die (schlechte) Qualität der Spitäler in der Wohnregion verantwortlich sein.

Abbildung 1: Betten je 1000Ew. im Einzugsgebiet

 

3) Ergebnisse: Zusatzkosten durch Fehlallokation, mit Vorarlberg als Benchmark

Im folgenden Teil werden die Berechnungen der Zusatzkosten durch Fehlallokation dargestellt. Vorarlberg dient als Benchmark. Die Berechnungen wurden auch mit Wien u. Tirol als Benchmark angestellt (hier nicht dargestellt).

Hätten sämtliche Bundesländer ihre Einzugsgebiete (zumindest) mit der gleichen niedrigen Bettendichte Vorarlbergs des jeweiligen Jahres (siehe Abb. 1.) versorgt, dann hätten sie sich eine entsprechende Anzahl an Betten erspart. Wie viele es sind, geht aus Abb. 2 hervor. So hätte Kärnten 2001 763 Betten weniger gebraucht, wenn die Allokation genau so effizient gewesen wäre wie in Vorarlberg. Ein Null bedeutet, dass das die Allokation eines Bundeslandes genau so effizient oder sogar effizienter war als die Vorarlbergs.

Abbildung 2: Bettenüberhang (Betten, die eingespart werden hätten können; Benchmark: Vorarlberg)

Die vermeidbaren Kosten in Abb. 3 erhält man, indem man den Bettenüberhang aus Abb. 2 mit den stationären Kosten je Spitalsbett des jeweiligen Bundeslandes multipliziert – die Zahlen sind inflationsbereinigt (durchs. Inflation 2001-2011: 2%). Die Tendenz der Kosten durch Fehlallokation ist bundesweit betrachtet steigenend. Treiber sind vor allem Oberösterreich, Niederösterreich und Salzburg, wo der Bettenüberhang in den letzten Jahren stark zugenommen hat!

Abbildung 3: Kosten des Bettenüberhangs bzw. Zusatzkosten durch Fehlallokation

In Abb. 4 erkennt man, dass die Kosten der Fehlallokation inflationsbereinigt (Inflation 2%) in den Jahren 2001 bis 2011 bundesweit jährlich 484 Mio. Euro ausmachten. Kumuliert von 2001 bis 2011, ergeben sich in diesem Zeitraum bundesweit Zusatzkosten von 5,3 Mrd. Euro in (Aufzinsungsfaktor von 4,6%).

Abbildung 4: Zusatzkosten jährlich u. kumuliert 2001-2011

In Abb. 5 sind die Werte aus Abb. 4 auf die Einwohner umgelegt. Bundesweit machen die Zusatzkosten durch Fehlallokation jährlich 59 Euro (inflationsbereinigt) je Einwohner aus, was kumuliert (Aufzinsung 4,6%) 644 Euro für den Zeitraum 2001 bis 2011 ergibt. Die höchsten Zusatzkosten je Einwohner fielen in Kärnten, OÖ u. Salzburg an, wobei in Kärnten die Entwicklung der Zusatzkosten stark fallend ist. In NÖ, OÖ u. Salzburg ist die Tendenz der Zusatzkosten hingegen eindeutig steigend. Bisher hat nur OÖ mit einer großen Spitalsreform (Bettenabau um 10% in den nächsten Jahren).

Abbildung 5: Zusatzkosten je Einwohner jährlich u. kumuliert 2001-2011

In Abb. 6 wird abschließend noch dargestellt, wie sich die bessere Spitals-Bettenallokation und die daraus folgenden entsprechenden Bettenreduktionen (siehe Abb. 2, “Bettenüberhang”) auf die Auslastungs-Grade auswirken würden! Deutlich bessere Auslastungen gäbe es in Kärnten, OÖ, NÖ u. Salzburg. Bundesweit würde die Auslastung der Spitäler signifikant ansteigen. In den letzten Jahren hat die Differenz zwischen “tatsächlicher Auslastung” und “Auslastung bei effizienterer Allokation” erfreulicherweise abgenommen.

Abb. 6: Veränderungen bei Auslastung durch effizientere Allokation der Spitalsbetten

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