Der österreichische Kassenfinanzausgleich funktioniert nicht

Der österreichische Kassenfinanzausgleich funktioniert nicht

Nach drei Jahren Arbeit im deutschen Krankenkassenwesen (Bereich: Risikostrukturausgleich), kann man sagen, der österreichische Kassenfinanzausgleich („Ausgleichsfonds der GKKn“, §447 ASVG) ist zu bürokratisch, unsolidarisch, unfair und entspricht nicht mehr den Standards anderer europäischer Gesundheitssysteme mit Krankenkassen (Deutschland, Niederlande, Belgien…). Aktuell begünstigt der Ausgleichsfonds das überversorgte Wien (Wiener GKK), ermöglicht es unter anderem der „reichen“ Beamtenkasse (BVA) keine Solidarität gegenüber „ärmeren“ Kassen (Burgenländische GKK) leisten zu müssen und belohnt kurioserweise über den „Liquiditätsausgleich“ (Teil des Ausgleichsfonds) ineffiziente Kassen. Der ö. Kassenfinanzausgleich ist seit langem nicht mehr zeitgemäß, wurde entsprechend zuletzt vom Rechnungshof massiv kritisiert und sollte daher endlich grundlegend reformiert werden.

Sind die Bundesländer-GKKn die Dummen?

Als gebürtiger Niederösterreicher: Aus niederösterreichsicher Sicht ergibt sich zum Beispiel die nicht mehr hinnehmbare Situation, dass die NÖ GKK eine deutlich ältere und schlechter verdienende Versichertengemeinschaft als die Wiener GKK umfasst, die NÖ GKK aber seit Jahren mehr in den Ausgleichsfonds einzahlen muss als sie herausbekommt. Gleichzeitig wurde die Wiener GKK in den letzten Jahren mit Subventionen im 3-stellingen Millionenbereich (von Länder-GKKn und Bundesmitteln) mit knapper Müh und Not über Wasser gehalten.

Erfüllt die Großstadt-GKK (WGKK) ihre Aufgaben nicht?

Aber warum ist die Wiener GKK trotz der relativ jungen und gut verdienenden Versichertenklientel so defizitär? Nun ja, Untersuchungen des RH zeigen, dass die Wiener GKK in Sachen Effizienz schon mal deutliches Potential nach oben hat. Aber vor allem die ambulante Planung für Wien lässt eindeutig erkennen, dass die Wiener GKK diesbezüglich seit Jahren einen Teil seiner Hausaufgaben nicht erledigt. In der ambulanten Planung ist nämlich festgehalten, dass es im ambulanten Bereich Wiens knapp 300 Ärzte zu viel gibt – während man in NÖ viele Planstellen nicht besetzen kann! Nimmt man die in der Wiener Planung verwendeten Kunstgrößen (Großstadtfaktor u. Pendlerfaktor) raus, ist die ärztliche Überversorgung in Wien sogar noch größer. Kurz zusammengefasst, nicht nur dass der NÖ GKK für ihre deutlich ältere Versichertenklientel weniger Finanzmittel pro Kopf zur Verfügung stehen als der Wiener GKK, sie muss auch noch für die Überversorgung in Wien aufkommen! Das ist keine Solidarität im eigentlichen Sinne, sondern eine Umverteilung von Unten (NÖ GKK) nach Oben (Wiener GKK). Wie soll in diesem System die Wiener GKK jemals dazu den Anreiz haben, effizient zu wirtschaften! In der Versorgung spiegelt sich diese Ungerechtigkeit derzeit in ausgedünnten Leistungskatalogen, längeren Wartezeiten, geringeren Erstattungen oder restriktiveren Reha-Genehmigungsprozessen der NÖ GKK wider, während die Nutznießer des Systems (Wiener GKK, BVA,…) mit dem Geld nur so um sich werfen.

Reformmöglichkeiten

Eine Reformoption wäre es beispielsweise die demographische Komponente im Ausgleichsfonds zu stärken, wie vom RH gefordert, den Ausgleichsfonds auf alle Krankenkassen/KFAs anzuwenden und das undurchsichtige Hebesatz-System der Nicht-GKKn zu canceln. Nach den Änderungen würde der Ausgleichsfonds wesentlich transparenter und unbürokratischer dastehen und in etwa dem deutschen Kassenausgleichsmodell aus 1994/95 entsprechen. Im alten deutschen Modell hat es ebenfalls noch keine freie Kassenwahl gegeben, aber eine umfassende Solidarität zwischen sämtlichen Kassen. Grob erklärt, wurden dort die gesamten Beiträge gesammelt und anschließend nach einheitlichen Alters- und Geschlechtsgruppen-Zuschlägen an die Kassen zurückverteilt. „Ältere“ Kassen haben folglich mehr zurückbekommen, „jüngere“ entsprechend ihrer vorteilhafteren Versicherten-Risikostruktur weniger. Und das i-Tüpferl müsste ein ergänzendes Zusatzbeitrags-System sein, über das die Kassen ihre Ausgaben über den Kassenfinanzausgleich hinaus finanzieren, sei es durch Selbstbehalte oder höhere Beitragssätze. Wenn eine Kasse also dazu tendiert seine Bevölkerung überzuversorgen (wie die Wiener GKK), dann müsste die bessere Versorgung auch der Bevölkerung in Rechnung gestellt werden!

Kuriosum zum Schluss: Recht ist nicht gleich Gerechtigkeit

Zum Schluss noch ein absolutes Kuriosum: Der VfGH hat 2004 die Beteiligung der BVA am Kassenfinanzausgleich aufgehoben, unter anderem mit folgenden Begründungen. Bundesweite Kassen (BVA) dürfen sich mit regionalen Kassen (GKKn) nicht an einem gemeinsamen Kassenfinanzausgleich beteiligen. Unterschiedliche Beitragsätze bzw. Selbstbehaltsmodelle sind weitere ein Ausschlusskriterien. Soweit so gut, aber würde man das VfGH-Urteil auf das deutsche Kassensystem (GKV) umlegen, wäre der gesamte deutsche Risikostrukturausgleich verfassungswidrig. Dort wurden nämlich 1994 überregionale mit regionalen Kassen unter einem Kassenfinanzausgleich zusammengefasst (RSA bzw. Morbi-RSA). Auch dass die Kassen damals völlig unterschiedliche Beitragssätze hatten, war kein Hinderinis. Zudem gibt es im GKV-System nachwievor das Wahlrecht auf Selbstbehalte. Was also bei uns Unrecht ist, ist in Deutschland Normalität und wird auch nicht als ungerecht empfunden, wieso auch.


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Wieso schlägt der OÖGKK-Obmann das Angebot zur ‘Finanzierung aus einer Hand’ aus??

Wieso schlägt der OÖGKK-Obmann das Angebot zur ‘Finanzierung aus einer Hand’ aus??

Zum Geschehen

Der OÖGKK-Obmann, Albert Maringer, schlägt das Angebot des OÖ Landeshauptmannes, Josef Pühringer, aus, die Finanzierungsverantwortung des OÖ Gesundheitssystem in der OÖGKK zu bündeln (siehe Kurier-Interview: LINK). Das heißt, dass man sämtliche ambulante Finanzierungsträger (OÖ Kassen) und stationäre Finanzierungsträger (OÖ Gesundheitsfonds) fusionieren würde, wodurch die Steuerung des OÖ Gesundheitssystems höchstwahrscheinlich vereinfacht würde.

Finanzierung aus einer Hand

Die Finanzierung des ö. Gesundheitssystems gilt als sehr zersplittert. Der RH hat bereits vor der Gesundheitsreform 2013 die zersplitterte Kompetenzlage kritisiert und zuletzt  leider bestätigt. Durch die Blume bedeutet das, dass die Gesundheitsreform-Alternative zur „Finanzierung aus einer Hand“, nämlich die Zielsteuerung (stärke Kooperation zwischen Ländern und Kassen) nicht wie gewünscht funktioniert. Wie die „Finanzierung aus einer Hand“ aussehen könnte, hat der Hauptverband übrigens 2009 in einer 400-Studie analysieren lassen (hier die Kurzfassung: LINK).

Das Land OÖ

Grundsätzlich wäre die „Finanzierung aus einer Hand“ ein wünschenswerter Reformschritt, und das Land OÖ auch ziemlich prädesdiniert für die Rolle als Vorreiter. OÖ gilt ja seit jeher als der innovative Gegenpart zum beamtenhaften Wien. Dass nun die Impulse zur Schaffung der “Finanzierung aus einer Hand” aus OÖ kommen, ist daher auch keine große Überraschung. Welche Absichten hinter dem Angebot des LH Pühringer auch stecken mögen, nehmen wir mal die besten an. Immerhin ist er kein reiner Machtpolitiker, wie die zwei LH-Kollegen von unterhalb der Enns. Man kann davon ausgehen, dass Pühringer über die nächste Wahl hinausdenkt.

Die OÖGKK

Wieso aber der OÖGKK-Chef das Angebot ausschlägt, ist rätselhaft. Es gibt schließlich keine Risiken gegen die man sich nicht von vorneweg absichern könnte. Beispielsweise die Spitalsabgangsabgangs-Finanzierung. Hier ja nur verständlich und auch leicht klarzumachen, dass diese weiterhin bei den Trägern (Gemeinden, Land, Orden) bleibt. Sprich: ein jährlich fixes Spitalsfinanzvolumen, das  auch von der Ausprägung des ambulanten Bereichs abhängig ist! Über das fixierte Volumen hinaus gibt es nichts von der GKK, alles andere wäre ein massiver Ineffizienz-Anreiz. Aber gleichzeitig wäre sichergestellt, dass das Spitalsbudget nur gekürzt werden kann, wenn der ambulante Bereich ausgebaut wird. Aber gerade der ambulante Bereich wird wahrscheinlich der ausschlaggebende Punkt sein. OÖ ist nämlich als sehr spitalslastig und ambulant unterdruchschnittlich versorgt bekannt.  Entsprechend konnte die OÖGKK einen verhältnismäßig hohen Vermögensberg aufbauen (Reinvermögen: OÖGKK: 430E./Vers., GKKn ohne OÖGKK: 72E./Vers.). Und diesen sieht die OÖGKK offensichtlich in Gefahr. Die Vermutung ist gar nicht so unwahrscheinlich, denn die OÖGKK startete bisher keine Versuche, die entsprechenden Regelungen zu erwirken, um einen Großteil des Vermögens an die Beitragszahler zurückzugeben.

Alles in allem: „Wir könnten, oba uns gfreits eigentlich ned…“

Bis auf Vermutungen, die das OÖGKK-Reinvermögen betreffen, kann ich leider nicht wirklich beantworten, wieso der OÖGKK-Obmann das Angebot zur “Finanzierung aus einer Hand” nicht annimmt. Eigentlich ist das gesamte Interview des OÖGKK-Obmanns erschreckend, nicht nur der fehlende Mut zur „Finanzierung aus einer Hand“. Selbst der unfaire GKK-Finanzausgleich wird plötzlich nicht mehr kritisiert, sondern schöngeredet. Der RH hat eigentlich erst kürzlich die starke Gewichtung des GKK-Liquiditäts-/Verlust-Ausgleichs kritisiert (Ineffizienz-Anreiz), wodurch gleichzeitig zu wenig Mittel für den notwendigen GKK-Strukturausgleich bleiben. Grundsätzlich wäre das Interview aus dem Munde eines Wiener Kassenvertreters nichts Sonderbares gewesen, aber zu einem 42-jährigen Oberösterreicher passt es eigentlich rein gar nicht… Ich hoffe, die Einstellung des OÖGKK-Obmanns ändert sich, andernfalls wäre es für OÖ definitiv am besten, der Obmann läge sein Amt zurück. Denn die Message, die momentan rüberkommt, ist: „Wir könnten es schon, ob eigentlich gfreits uns ned…“

 

 

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Die KH-Qualitätsarbeit hat keinen direkten Nutzen für die Patienten. Die (Landes-)Politik lässt die Patienten auch weiterhin ins offene Messen laufen!

Die KH-Qualitätsarbeit hat keinen direkten Nutzen für die Patienten. Die (Landes-)Politik lässt die Patienten auch weiterhin ins offene Messen laufen!

Der Bericht zu KH-Behandlungsqualität (A-IQI-Bericht) für das Jahr 2014 ist (endlich) veröffentlicht (LINK), leider findet man zum wiederholten mal keine Quali-Indikatoren auf Standortebene. Lediglich Bundesdurchschnittswerte mit Angaben darüber  wie viele (aber nicht welche) KHs auffällig waren oder die die jährliche Fallzahl von 10 Fällen nicht erreicht haben, um ins Quali-Ranking zu kommen. Der Quali-Bericht bzw. die Quali-Arbeit hat somit keinen direkten Nutzen für die Patienten…

Knallhart formuliert, damit es auch wirklich jeder versteht, ist die Aussage des AIQI-Berichts: „Es gibt in einigen Krankenhäusern Qualitätsprobleme, es sterben dabei auch teilweise überdurchschnittlich viele Menschen, wir wissen wer die Problem-Krankenhäuser sind, wir nennen euch aber nicht die Namen!“ Man lässt praktisch die Patienten ins offene Messer laufen.

Die Schuld trifft dabei nicht die Autoren des AIQI-Berichts, sondern in erster Linie die Landes-Gesundheitsreferenten, die ganz offensichtlich via Bundes-Zielsteuerungskommission eine AIQI-Veröffentlichung auf Standortebene seit Jahren verhindern, während in anderen Ländern, wie der Schweiz, eine Veröffentlichung auf Standortebene was ganz Selbstverständliches ist. Namentlich handelt es sich bei den Landes-Gesundheitsreferenten um Politiker wie Sobotka, Wilfing, Wehsely…

Betrachtet man das ö. Gesundheitssystem genauer, findet man den Konstruktionsfehler recht schnell. Die Länder sind nämlich nicht nur Spitalsbetreiber, sondern auch Spitalsfinanzier! Und die Länder, in ihrer Rolle als Spitalsfinanzier, werden sich nicht selbst, in der Rolle als Spitalsbetreiber, auf die Finger klopfen, in dem sie kritische Qualitätsarbeit betreiben. Die Kassen oder der Bund müssten eigentlich einschreiten, aber denen ist es mehr oder weniger egal, oft fehlts aber auch schlichtweg an Courage. In Deutschland beispielsweise ist es anders. Dort sind die Kassen auch Spitalsfinanzier. Dementsprechend liegt es im Interesse der Kassen Qualitätsindikatoren auf Standortebene zu veröffentlichen. Vor kurzem wurden auf Druck der Kassen auch die rechtlichen Grundlagen geschaffen, um eine qualitätsbasierte Spitalsfinanzierung zuermöglichen. Sprich: bei schlechter Qualität gibt’s kein Geld.

Davon sind wir aber leider weit entfernt. Und wenn man sich den A-IQI-Bericht etwas genauer ansieht, werden wir in Österreich wahrscheinlich auch noch länger keine Quali-Indikatoren auf Standortebene zu Gesicht bekommen. Bei den Herzkatheter-Standorten, ein absolutes Liebkinder der Länder zu Standortabsicherung von Mini-Krankenhäusern (z.B: KH Waidhofen an der Ybbs), ist nämlich laut A-IQI-Bericht jeder dritte Standort ein Problem-Standort (Abb. 1). Entweder sind diese Standorte qualitätsbedingt auffällig oder sie erreichen die jährliche Mindestfall-Zahl von 10 Fällen nicht, um in das Ranking zu kommen. Sehr beruhigend…

Abb 1: “Problem-Krankenhäuser” bei Herzkatheter-Untersuchungen

 

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Reform des Kassen-Finanzausgleichs, anstatt zusätzliche Mittel aus dem Bundes-Finanzausgleich

Reform des Kassen-Finanzausgleichs, anstatt zusätzliche Mittel aus dem Bundes-Finanzausgleich

Schelling war ein Segen für den Hauptverband. Aufgrund seines Privatvermögens unabhängig und das kombiniert mit einem Plan. Die neue HVB-Chefin, Rabmer-Koller (WK), hätte zwar ähnliche  unternehmerisch-unabhängige Voraussetzungen, ein Plan ist aber (noch) nicht wirklich erkennbar. Die Forderung nach mehr Steuergeld für die Krankenkassen via Finanzausgleich war ziemlich ernüchternd (LINK). Wieso denn ernütchternd? Naja, der RH hat erst kürzlich festgestellt, dass die Bundesmittel (1,3 Mrd.), die im Rahmen der Kassensanierung geflossen sind, nicht nötig gewesen wären, da die Krankenkassen ohnehin auf genügend Vermögen (2,9 Mrd. Euro) sitzen (LINK). Dass trotz dieser komfortablen finanziellen Situation der Krankenkassen von der HVB-Chefin die Forderung nach mehr Steuergeld kommt, kann also nicht im Sinne der Steuerzahler sein.

Unterschiedliche Kassenvermögen, kombiniert mit rigidem Ausgleichssystem

Die zwei Haken: Zwar ist genügend Krankenkassen-Vermögen vorhanden, (1) allerdings ist es zwischen den Krankenkassen ziemlich ungleich verteilt (siehe Abb. 1). Und leider nicht zugusnten der Kassen, die strukturell defizitär sind (GKKn). Die Vermögensunterschiede sind nämlich weniger auf Effizienzunterschiede zurückzuführen, sondern viel mehr auf die unterschiedlichen Versicherten-Durchschnittseinkommen der  Kassen – z.B.: Beamten-VA eher gutverdiendende Klientel, Burgenland-GKK eher schlechtervedienende Klientel (Abb. 2). (2) In anderen Kassensystemen (z.B.: Holland, Belgien, Deutschland) gibt es dementsprechend umfassende Ausgleichssysteme. In Österreich ist ein solches Kassen-Ausgleichssystem aber nur sehr abgeschwächt vorhanden. Es beschränkt sich nämlich lediglich auf die finanzschwächeren GKKn (“Ausgleichsfonds”). Und auch beim GKK-Ausgleichsfonds bemängelte der RH zuletzt, dass der Verlust-/Liquiditätsausgleich (Ineffizienz-Anreiz) noch zu stark ausgeprägt ist und nicht ausreichend Strukturausgleich (für von Kassen nicht beeinflussbare Faktoren) erfolgt.

Ergo:

Es gäbe also genug Arbeit für Rabmer-Koller, die erledigt werden müsste. Statt zusätzliche Gelder vom Bundes-Finanzausgleich zu fordern, könnte sie sich beispielsweise für eine Verbesserung des Kassen-Finanzausgleichs einsetzten. Die Steuerzahler würden es ihr danken.

Abb.1: Kassen-Reinvermögen 2014

Abb. 2: Einnahmen (finanzieller Bedarf) der Kassen nach Altersstruktur

 

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Der SPÖ-Abwehrkampf gegen die Kassen-Zusammenlegung nimmt kuriose Züge an. Ein Fakten-Check einer SPÖ-Presseaussendung.

Der SPÖ-Abwehrkampf gegen die Kassen-Zusammenlegung nimmt kuriose Züge an. Ein Fakten-Check einer SPÖ-Presseaussendung.

Die SPÖ blockt erneut gegen eine Kassen-Zusammenlegung. Die Oppositions-Forderung einer Zusammenlegung ist mittlerweile 30 Jahre alt. Die Forderung taucht seither in regemäßigen Abständen auf, so eine Art Loch-Ness. Ursprünglich eine FPÖ-Forderung, mittlerweile steht aber die gesamte Opposition dahinter, da schwer vermittelbar ist, wieso es zig Kassen braucht, obwohl es keinen Kassen-Wettbewerb gibt. Fakt ist, dass die Kassenfülle der AK (SPÖ) und der WK (ÖVP) eine Reihe von Versorgungsposten und –pöstelchen garantiert. Kürzlich hat die FPÖ, die bis auf 2000-2006 hinter ihrer Forderung stand, wieder einen diesbezüglichen Antrag eingebracht. Wer denkt, dass die SPÖ, die sich am vehementesten gegen die Kassen-Zusammenlegung wehrt, nach 30 Jahren argumentativ perfekt gegen diese Forderung vorbereitet ist, irrt gewaltig. Der parlamentarische Gesundheitssprecher der SPÖ, Erwin Spindelberger (Kämmerer und ehemaliger Kassen-Vize-Chef…) hat mittels Presseaussendung mehr schlecht als recht gekontert (LINK). Wenn man sich die Aussendung so durchliest, hat man das Gefühl, Spindelberger ist das erste Mal mit der Zusammenlegungs-Forderung konfrontiert. Vor allem das von Fusionen geprägte deutsche Wettbewerbs-Kassensystem wird erneut in einer sehr dilettantischen Art und Weise runtergemacht. Die Aussendung ist im Grunde eine Mischung aus sehr viel Halb-Wissen, Nicht-Wissen und bewusster Fehlinformation. Aber gut, seit die SPÖ-nahen Sozialpartner (AK, ÖGB bzw. Stöger, Oberhauser, Spindelberger,…) die SPÖ-Gesundheitspolitik übernommen haben, stehen die Zeichen noch deutlicher auf Zementieren und Blockieren, egal wie, und offensichtlich ist nichts zu peinlich.

Persönliche Meinung des Autors: Ich arbeite im deutschen Wettbewerbs-Kassensystem. Ein System mit mehr als 20 Kassen OHNE Wettbewerb ist nicht mehr zeitgemäß. Ein monopolistisches „Einheitskassen“-System birgt jedoch die Gefahr, dass wir am Ende mit einer behördenhaften, spießbürgerlichen Monster-Institution konfrontiert sein könnten. Darum wär mir persönlich ein Wettbewerbs-Kassensystem lieber,  wie z.B. in Deutschland, Holland (mein Favorit) oder der Schweiz. Sollte das scheitern, kann man immer noch zur „Einheitskasse“ übergehen.

Zurück zum Thema. Im Folgenden werden die Aussagen der Spindelberger-Presseaussendung geprüft.

Fakten-Check der SPÖ-Presseaussendung:

Kernpunkte der Presseaussendung von Erwin Spindelberger:

(1)    Das bewährte ASVG-System garantiert einheitliche Versorgungsstandards

(2)    Kassen-Fusionen haben deutsche Kassen nicht effizienter gemacht

(3) Kassen-Fusionen führen zu Zentralismus und verhindern die Berücksichtigung des regionalen Bedarfs

(4) deutsche GKV ist doppelt so teuer wie die hiesige Krankenversicherung

(5) deutsche KV-Beiträge sind massiv angestiegen

(6) Um Kosten zu sparen, unterschreiben viele, vor allem junge Menschen, bedenkliche Lockverträge, die mit Leistungsaussparungen verbunden sind

Fakten-Check meinerseits (Controller einer deutschen Krankenkasse)

(1) Spindelberger: „Das bewährte ASVG-System garantiert einheitliche Versorgungsstandards“

FALSCH: es gibt im ö. Kassensystem keine einheitlichen Versorgungsstandards. Mal abgesehen von den angebotsseitigen Verwerfungen, ist die Finanzkraft ö. Kassen (im Gegensatz zu dt. Kassen) signifikant von der Finanzkraft der jeweiligen Kassen-Versichertenklientel abhängig. Entsprechend gibt es in Österreich reiche Kassen (BVA) und arme Kassen (BGKK), was sich in unterschiedlichen Leistungskatalogen widerspiegelt. Folglich ist das ö. Kassensystem, verglichen zum dt. Kassensystem, hochgradig unsolidarisch. Ich sage nur Kur- und Reha-Aufenthalte. In Deutschland verhindert ein ausgeprägter Kassen-Finanzausgleich („Morbi-RSA“), dass Kassen mit älteren/morbideren/einkommensschwächeren Versicherten finanzielle Nachteile haben.

(2) Spindelberger: Kassen-Fusionen haben Kassen nicht effizienter gemacht

FALSCH: Seit 1999 (erstes veröffentlichtes Jahr der GKV-Finanzstatistik – KJ1/KV45) haben sich die GKV-Kassen von 455 auf 118 zusammenfusioniert, gleichzeitig ist die Verwaltungskostenquote von 5,5% auf 5,2% zurückgegangen.

Die größte dt. Kasse, die Techniker Krankenkasse (TK), ist übrigens mit 10 Mio. Versicherten größer als alle ö. Kassen zusammen und lag 2014 mit 5,1% Verwaltungsausgaben-Quote wieder leicht unter dem GKV-Schnitt. Und das obwohl die größeren dt. Kassen deutlich mehr Aufgaben übernehmen als kleine Kassen. Sei es Versorgungsforschung, wofür die TK eine eigene Forschungseinrichtung unterhält (WINEG). Oder sei es die Berechnung von KH-Quali-Indikatoren und deren Veröffentlichung (siehe AOK- bzw. TK-KH-Navigator). Die bayerische Regional-Verwaltung der TK hat beispielsweise im Sommer KH-Quali-Rankings für wichtige Indikationen in bayerischen Zeitungen veröffentlicht (LINK). Ö. Kassen sind von Quali-Rankings weit entfernt, obwohl sie auf der DIAG-Datenbank (KH-Daten) sitzen, die für die Berechnung von KH-Quali-Indikatoren erforderlich ist.

(3)    Kassen-Fusionen führen zu Zentralismus und verhindern die Berücksichtigung des regionalen Bedarfs

FALSCH: Durch die Kassen-Fusionen würde sich an der operativen Kassen-Struktur nichts ändern, allerdings würde man sich sämtliche repräsentative Posten und Pöstlchen in den Kassen-Kontrollorganen ersparen. Also AK-ler und WK-ler, die im Ernstfall ohnehin nie Verantwortung übernehmen. Insgesamt hätte man eine Einsparung von schätzungsweise 300 parteipolitisch vergebenen Posten. Zum Vergleich, die größte deutsche Kasse (Techniker KK, 10 Mio. Versicherte) besitzt gerade mal 30 ehrenamtliche Aufsichtsräte (Verwaltungsrat). Bleiben wir bei der TK. Sie hat ihren Stammsitz in Hamburg, unterhält in den 16 Bundesländern regionalspezifische Sub-Verwaltungen, unter denen sich nochmal 252 Regional-Geschäftsstellen befinden. Also keine Spur von Zentralismus oder Unkenntnis des regionalen Bedarfs. Mal davon abgesehen, dass es durch die deutlich geringere Zahl von Führungsposten zu viel schnelleren Entscheidungen kommt, ohne das sich zig Parteipolitiker gegenseitig blockieren.

 (4) Spindelberger: Die deutsche GKV ist doppelt so teuer wie die hiesige Krankenversicherung

FALSCH: Sorry, aber die deutschen Kassen finanzieren (im Gegensatz zu ö. Kassen) nicht nur den ambulanten Bereich, sondern auch die Spitäler. Außerdem liegt die deutsche Höchstbeitragsgrundlage („Beitragsbemessungsgrenze“) mit 51.000 Euro deutlich niedriger als in Österreich (68.000 Euro). Na logischerweise sind in Deutschland die KV-Beitragssätze (15,6%) deutlich höher als in Österreich (ca. 7%).

(5) Spindelberger: Die deutschen KV-Beiträge sind massiv angestiegen

FALSCH: Von 2011 bis 2014 waren die Beiträge eigentlich sogar einige Jahre auf 15,5% fixiert. Seit 2015 sind die Beitragssätze der  Kassen wieder frei wählbar. 2016 ist dann der durchschnittliche Beitragssatz erstmals seit 2011 wieder gestiegen, nämlich um einen Zehntelpunkt auf 15,6%. Selbst diese kleine Steigung ist begründbar. Der Bundeszuschuss für kassenfremde Leistungen ist nämlich seit 2010 kontinuierlich von 16 Mrd. auf 10 Mrd. Euro gesenkt worden. In Österreich finden Beitragssteigerungen übrigens fast ausschließlich über die Erhöhung der Höchstbeitragsgrundlage statt. 2016 ist sie fulminant um 5% gestiegen! Die Ironie dabei: Ö. Versicherte werden massiv zur Kasse gebeten, gleichzeitig entgehen viele AK-/WK-„Luxus-Pensionisten“ dem verschärften Solidarbeitrag, weil der Solidarbeitrag von der Höhe der HBGL abhängt. Gratuliere zu dieser katastrophalen Leistung und Optik, liebe Sozialpartner.

(6) Spindelberger: Um Kosten zu sparen, unterschreiben viele, vor allem junge Menschen, bedenkliche Lockverträge, die mit Leistungsaussparungen verbunden sind

FALSCH: Die Spindelberger-Presseaussendung wird immer wilder. Lockangebote verbunden mit Leistungseinsparungen!? Sorry, erstens ist  in der GKV bis auf einige Satzungs-/Ermessens-Leistungen das Leistungsspektrum vorgegeben (95% der Leistungen). Und zweitens,  wer im dt. Kassensystem die Versicherten pflanzt, verliert relativ schnell seine Versicherten, in Deutschland gilt nämlich die freie Kassenwahl. Der „Versicherte ist hier König“ und nicht die GKK. Jeder der mal in einer ö. Kasse war, wird von der Selbstverwaltung enttäuscht sein. Eine ö. Kasse ähnelt eher einer dem Bund unterstellten MA2412-haften Behörde. Deutsche Kassen hingegen leben die Selbstverwaltung. Gesetze werden im Sinne des Versicherten interpretiert. Und da wir keine behördenhaften Paragraphenreiter sein wollen, wird der Kunde wie der eigene Bruder und nicht wie eine lästige Nummer behandelt. Das ist die Wirkung des Wettbewerbs. Aber bei dem Wort “Wettbewerb” zuckt leider so mancher AK- bzw. WK-Funktionär zusammen, vor allem die über 50.

Tja, das wars vorerst, ich hoffe, die Message ist angekommen. Der Kassenfusions-Abwehrkampf der SPÖ nimmt mittlerweile wirklich kuriose Züge an. Und bevor die SPÖ das nächste mal eine dermaßen dilettantische Attacke gegen das deutsche Kassen-System startet, bitte beim sozialdemokratischen Gesundheits-Mastermind im deutschen Bundestag, Karl Lauterbach (LINK), informieren, er kennt si aus.

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In Österreich leben 100.000 Menschen ohne Krankenversicherung!

Man macht sich normalerweise keine Gedanken drüber, ob alle Bewohner Österreichs krankenversichert sind, weil es ja ohnehin für die meisten selbstverständlich ist, im Krankheitsfall die entsprechende medizinische Versorgung kostenlos zu erhalten. Ein großer Irrtum, denn 100.000 Menschen leben in Österreich ohne Krankenversicherung (LINK). Ein Aufreger war die kürzliche Schlagzeile allerdings  leider nicht so wirklich. In der Regel handelt es sich bei den Unversicherten um Asylwerber, Migranten und Studenten. Also nicht mal die grundlegendste Grundlagen-Medizin kriegst du in der Situation von einer Kasse ersetzt. “Mittelalter”, denkt man sich.

Mit den Ideologien der Regierungsparteien ist das eigentlich überhaupt nicht vereinbar. Aus sozialdemokratisch Sicht ein Wahnsinn, aber auch aus christlich-sozialer Sicht. Von letzterem versteh ich ein bissl mehr, ich war 8 Jahre Ministrant. Das bedeutet so in etwa „Es is wia‘s is. Aber der Arme ist dem Reichen nix neidisch und umgekehrt hilft der Reiche dem Armen bedingungslos.“ Auf Institution, wie die Katholische Kirche oder Caritas, trifft dieses Credo zwar definitiv zu, aber auf die ÖVP definitiv nicht. Genauso wie für die SPÖ keine sozialdemokratischen Werte mehr zutreffen. Die ÖGB-SPÖ-Gesundheitsministerin scheint das Thema nicht gerade wahnsinnig zu tangieren. Warum auch, Asylwerber, Migranten und Studenten zahlen keine Gewerkschaftsbeiträge. Kurz: Die Regierungsparteien sind an der Spitze ideologisch tot. Seit der LH aus NÖ und der LH aus Wien die Macht übernommen haben, haben andere, weniger hehre Themen Vorrang. Die post-ideologischen Regierungsparteien sind im Grunde genommen reine Lobbying-Gemeinschaften, und Krankenversicherungslosen fehlt hald die entsprechende Lobby. Pech gehabt.

Ziemlich deutlich sieht man ja die völlige Plan- und Ideologielosigkeit der Regierungsparteien am Fall Traiskirchen. Es ist ja aus sozialdemokratischer und christlich-sozialer Sicht unglaublich, dass dort nicht einmal grundlegendste medizinische Versorgung ermöglicht werden kann. Die zuständige Innenministerin wirkt völlig überfordert. Aber ich möchte diesbezüglich an die Innenministerin appellieren, dass sie sich ein Beispiel an ihrem Ehemann nimmt, der bewiesen hat, dass man alles schaffen kann man, wenn man nur richtig will. Ich war zwischen 2010 und 2013 in der NÖ Landeskliniken-Holding angestellt. 2011 ist dann der Minister-Gatte als einfacher Sachbearbeiter dazugestoßen und hat vorbildlich ohne Murren den Job gemacht, den davor ein 25-jähriger als Berufseinsteiger gemacht hat. Nach meinem Abgang 2013 muss der Minister-Gatte dann offensichtlich übereifrig innerhalb kürzester Zeit massives Führungs- und Krankenhaus-Know-How aufgeholt haben, denn seit Anfang des Jahres bekleidet der ehemalige einfache Sachbearbeiter den Posten des Verwaltungsdirektors des LKH Hollabrunn (LINK)! Wow. Man muss sich das mal vorstellen, was der Minister-Gatte geleistet hat. Denn selbst eine lebenslange Karriere im NÖ Krankenhauswesen, inklusive Bereichsleiter-Posten in der NÖ Landeskliniken-Holding-Zentrale, ist normalerweise keine Garantie, dass eine Bewerbung für einen Verwaltungsdirektor-Posten erfolgreich durchgeht – ich kenne Beispiele. Und da schafft es ein einfacher Sachbearbeiter (ca. 2.500 Euro Bruttogehalt) innerhalb von 4 Jahren zum KH-Verwaltungsdirektor (ca. 10.000 Euro Bruttogehalt). Vollster Respekt. Frau Innenministern, nehmen Sie sich ein Beispiel an ihrem Ehemann! Alles geht, wenn man nur will. (Im Übrigen, ein Schelm, der brutalen Postenschacher vermutet. So etwas gibt’s in NÖ natürlich nicht!)

Abschließend, es ist glaub ich nicht notwendig, dass in Österreich 100.000 Menschen ohne Krankenversicherung leben müssen. Zumindest ein Hausarztbesuch muss für jeden kostenlos sein. Ideologisch hab ich das hoffentlich ausreichend begründet. Und was Asylwerber betrifft, solange die da sind, hat man sich gefälligst darum zu kümmern, auch wenn ein Großteil vielleicht gar keinen positiven Asylbescheid bekommen wird. Aus, Schluss, Pasta. Für NGOs (Kirche, AI, Caritas…) ist das selbstverstänlich, für SPÖVP offensichtlich nicht. Naja, ich sehe dem Wahlsieg von HC Strache bei Landtagswahlen in Wien ziemlich gelassen entgegen, denn schlimmer als jetzt kann’s wohl kaum noch werden.

(Bei Interesse: Ein Studienkollege im Interview zum Zustand der ÖVP (LINK). Kann natürlich 1 zu 1 auf die SPÖ umgelegt werden.)

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Ambulanzgebühren. Wieso denn nicht.

Die „Ambulanzgebühren“ sind kurz wieder aufgepoppt. Und in 2 Monaten sind die Wien-Wahlen. Grundsätzlich ein sehr guter Zeitpunkt, um sich für die Probleme in den Spitalsambulanzen Gehör zu verschaffen. Für eine sachliche Diskussion über Ambulanzgebühren ist es aber noch 2 Monate zu früh. Im Folgenden Theoretisches über Ambulanzgebühren und eine politische Einschätzung. Denn nach den Wien-Wahlen ist eine Ambulanzgebühr durchaus realistisch. NEOS sind ohnehin dafür, ÖVP und (vor allem) FPÖ könnten nach der Wahl schwenken. FPÖ deswegen, weil Wiener Ambulanzen zu einem erheblichen Teil von Migranten frequentiert werden… Nur vor der Wahl werden ÖVP und FPÖ der SPÖ die Ambulanzgebühr-Diskussion definitiv nicht gönnen. Grundsätzlich braucht man sich vor Ambulanzgebühren aber auch nicht zu fürchten. Mit den nötigen flankierenden Maßnahmen – Senkung der KV-Dienstnehmer-Beiträge für Niedrigverdiener und Ausweitung der niedergelassenen Öffnungszeiten – sind die Ängste unbegründet. Wie auch immer, vor der Problematik völlig überfüllter Ambulanzen wird sich die Regierung nicht drücken können.

1) Theoretisches und Zahlen

a) Grundintention einer Ambulanzgebühr

Kosteneinsparungen durch Steuerung der Patientenströme und Vermeidung von zu viel gerätegestützter Diagnostik, die sehr teuer ist. Zuerst soll der günstigere niedergelassene Bereich aufgesucht werden. Der erfahrene Allgemeinmediziner übernimmt die grundlegende Diagnostik – Erfahrung kompensiert die gerätegestützte Diagnostik der Ambulanzen. Erst danach soll der Patient bei Bedarf zum Facharzt oder in die Spitalsambulanz weiterüberwiesen werden.

b) Starke Kostensteigerungen in den Ambulanzen

Die österreichischen Spitalsambulanzen sind sehr beliebt. Unter anderem bestechen sie durch günstigere Öffnungszeiten und aufwendigere medizintechnische Ausstattung als der niedergelassene Bereich. Und dieser „Mehrwert“ ist für die Patienten auch völlig kostenlos. Im Grunde genommen ist jeder Patient benachteiligt, der den normalen Hierarchieweg geht, also zuerst die niedergelassene Praxis ansteuert. Es kommt dann schon mal vor, dass ein Schnupfen-Patient in der Spitalsambulanz aufschlägt. Komplett-Check inklusive. Das kostet. Denn wenn die vielen medizinischen Geräte schon mal vorrätig sind, dann will man sie auch nutzen. Dementsprechend haben sich aufgrund der fehlenden Ambulanz-Zugangsbarrieren die Ambulanzausgaben seit 2001 auch verdoppelt (+100%), während sich die stationären Ausgaben „nur“ um 57% erhöht haben – siehe Abb. 1.

Abb. 1: Ambulanzkosten

2) Einführung der Ambulanzgebühren inklusive der flankierenden Maßnahmen

Mit der Einführung der Ambulanzgebühren ist es natürlich nicht abgetan. Du brauchst auch das ganze Rundherum. Ausweitung der Öffnungszeiten im niedergelassenen Bereich. Attraktivierung des niedergelassenen Bereiches – viele Spitalsärzte fürchten mittlerweile die Selbständigkeit. Der notwenidge Einkommensausgleich für Niedrigverdiener, da die Ambulanzgebühren bürokratiebedingt ohne Ausnahmen eingeführt werden müssten. Außer der Patient hat eine Überweisung aus dem niedergelassenen Bereich, eine Wiederbestellung der Ambulanz oder er wird danach stationär aufgenommen.  Als Einkommensausgleich für Niedrigverdiener müssten  die KV-Dienstnehmerbeiträge entsprechend abgesenkt werden bzw. die Mindestpensionen und Mindestsicherung entsprechend angehoben werden.

Sollte man sich dennoch nicht zu Ambulanzgebühren durchringen können, sollte man zumindest die die gesetzlichen Grundlage schaffen, die es einzelnen Bundesländern ermöglicht, die Gebühr zu erheben.

3) Gebühren-Streichungen wirken nicht immer zugunsten sozial Schwächerer

Die Einführung einer Gebühr muss nicht notwendigerweise sozial Schwächere treffen. Anderseits begünstigt die Abschaffung einer Gebühr nicht notwendigerweise Ärmere. Das kann man sehr schön mit dem Beispiel der Abschaffung der Studiengebühren und der Erbschaftssteuer zeigen.

a) Die Abschaffung der Studiengebühren war reiner Populismus und hat sozial Schwächeren nichts gebracht, weil sie ohnehin nie Studiengebühren gezahlt haben. Im letzten Jahr der flächendeckenden Studiengebühren zahlten 50.000 von 250.000 Studierenden keine Studiengebühren (Quelle: Teletext 2008). Vorwiegend sozial Schwächere. Dennoch setzte der aktuelle Kanzler die Abschaffung der Gebühren durch. Profitiert haben natürlich nur Studenten mit finanziell besserem Hintergrund. Nur eine Erhöhung der Stipendien-Quote bzw. der Stipendien-Beträge hätte sozial Schwächeren geholfen.

b) Für die Erbschaftssteuer gilt Ähnliches. Von der Abschaffung haben sozial Schwächere nicht profitiert, weil die ja ohnehin nix erben oder mit ihrer Minimalerbschaft unter die Freigrenze fallen. Nur wenige, die sehr viel erben, profitierten von der Abschaffung. Darum sind natürlich linke Wirtschaftstheorien grundsätzlich dagegen. Aber auch Wirtschaftsliberale würden die Erbschaftssteuer nie abschaffen! Sie setzen stattdessen auf niedrige Einkommenssteuern (siehe Schweiz, USA und GB), um Leistungsanreize zu erhöhen. In Österreich sind stattdessen die Einkommensteuersätze höher…

Ich hoffe, ich konnte mit dem Beispiel der Studiengebühren und Erbschaftssteuer verdeutlichen, dass selbst die Abschaffung von Gebühren oder Steuern nicht notwendigerweise sozial Schwächeren helfen muss, wenn man nicht mitdenkt. Vice versa bedeutet die Einführung einer Gebühr oder Steuer nicht nowtwendigerweise, dass sozial Schwächere getroffen werden – wenn man mitdenkt!

4) Politisches – was wollen die Parteien

Grundsätzlich haben wir das Problem, dass beide Regierungsparteien seit Jahren zu keiner ernsthaften Diskussionen mehr bereit/fähig sind. Egal welches Thema. Man denkt in „kleinen, kleinstbürgerlichen Schritterln“ und entscheidet in der Regel nach Umfragewerten. Es gibt nur „Ja“ und „Nein“.

ÖVP – vor der Wien-Wahl dagegen

Bei der ÖVP, die 2001 noch der Treiber hinter den Ambulanzgebühren war, ist seit dem Abgang des ideologischen Masterminds Wolfgang Schüssel keine Linie mehr erkennbar. Ob man für oder gegen etwas ist, orientiert sich in der ÖVP seit 2006, ob man durch eine Entscheidung gegenüber dem Koalitionspartner in der Wählergunst profitiert, oder zumindest nicht verliert. Kurz vor der Wien-Wahl wird man der SPÖ eine längerfristige Diskussion über die Ambulanzgebühren mit Sicherheit nicht gönnen. Die SPÖ würde dadurch leicht aus der Defensive kommen. Nach der Wahl könnte die ÖVP jedoch schwenken.

SPÖ – dagegen

Die SPÖ hat dereinst die Verfassungsklage gegen die Ambulanzgebühren eingebracht und juristisch recht bekommen. Die SPÖ wird diesbezüglich auch ihre Meinung nicht ändern. Ja die SPÖ-Gesundheitsministerin sieht nicht einmal Lenkungseffekte durch die Ambulanzgebühr – die es aber natürlich gibt. In Deutschland sind nach Abschaffung der Praxisgebühr die ärztlichen Leistungsausgaben überdurchschnittlich angestiegen.

FPÖ – vor der Wien-Wahl dagegen

Die FPÖ wird vor der Wien-Wahl kein Risiko mehr eingehen und das Ambulanzgebühr-Tham unnötig anfachen. Schließlich geht es in Wien um Platz 1. Nach der Wahl, nach der man in Wien wohlmöglich Regierungsverantwortung übernommen hat, sieht es vielleicht aber schon wieder ganz anders aus. Auch Jörg Haider, der unter Regierungsverantwortung in Kärnten mit der Ambulanzproblematik direkt konfrontiert war, hat dereinst die restriktiven Öffnungszeiten im niedergelassenen Bereich kritisiert und schlussendlich 2001 die Ambulanzgebühren mitgetragen. Hinzu kommt, dass in Wien die Ambulanzen zu einem erheblichen Teil von Migranten genutzt werden. Ich glaub, ich muss jetzt nicht mehr weiter argumentieren, wieso die FPÖ schwenken könnte.

Die Grünen – dagegen

Grundsätzlich dagegen. Allerdings ist mit den Grünen eine sachliche Diskussion realistisch, die über die übliche rotschwarze „Schwarz-Weiß“-Sicht hinausgeht.

NEOS – dafür

Grundsätzlich dafür. Ähnlich wie bei den Grünen, ist mit NEOS eine sachliche Diskussion über dieses Thema möglich.

Team Stronach – eher dagegen

Das Team hat zwar im Herbst keine Landtagswahlen zu bestreiten, aber man möchte höchstwahrscheinlich nicht unnötig negativ auffallen. Tendenziell werden die Abgeordneten also dagegen sein.

5) Abschließend

Ich hoffe, dass ich zeigen konnte, dass Ambulanzgebühren nicht notwendigerweise sozial Schwächere treffen müssen, wenn die Ambulanzgebühren mit den entsprechenden flankierenden Maßnahmen eingeführt werden. Zudem sollte man sich darauf gefasst machen, dass uns nach der Wien-Wahl eine größere Diskussion über Ambulanzgebühren  bevorstehen könnte, da dann die wahrscheinliche Ambulanzgebühr-Paralmentsmehrheit (ÖVP, FPÖ, NEOS) für die nächste Zeit kein Risiko mehr eingeht, eine wichtige Wahl zu verlieren. Sollte man sich dennoch nicht zu Ambulanzgebühren durchringen können, sollte man zumindest die die gesetzlichen Grundlage schaffen, die es einzelnen Bundesländern ermöglicht, die Gebühr zu erheben.

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Vorsicht, Regionalpolitiker können Ihre Gesundheit gefährden! Teil 2: Herzkatheter Waidhofen/Ybbs

Vorsicht, Regionalpolitiker können Ihre Gesundheit gefährden!

Teil 2: Herzkatheter Waidhofen/Ybbs

In Beitrag 45 (LINK) wurde gezeigt, dass ein Innviertler Nationalratsabgeordneter (Harry Buchmayr) offensichtlich mit einem „scheuklappenhaften Zahlenverständnis“ die Reaktivierung des Herzkatheters Braunau erwirken möchte. Die Gesundheit der Bevölkerung ist für den Politiker dabei höchstwahrscheinlich nur nebensächlich. Denn Zahlen, die zeigen, dass die Herz-Kreislauf-Sterblichkeit im Bezirk Braunau seit der Schließung des Herzkatheters nicht gestiegen ist, wurden vom Politiker unterschlagen.

Ähnlich verhält es sich in NÖ. Dort heißt der Regionalpolitiker, der der Gesundheit der Bevölkerung nicht gerade dienlich ist, Landesrat Wolfgang Sobokta (LINK). Nach knapp 15 Jahren Tätigkeit als Gesundheitslandesrat ist eine klare stationäre Bevorzugung seiner Heimatregion, dem Mostviertel, feststellbar. So liegt die junge Bevölkerung des Mostviertels pro Kopf fast 25% häufiger im Spital als die ältere Bevölkerung des Industrieviertels. Das aber nur am Rande. Zu einem der zweifelhaftesten Erfolge Wolfgang Sobotkas zählt wohl die Schaffung des Herzkatheterlabors in seiner Heimatstadt Waidhofen/Ybbs. Wahrscheinlicher Hintergrund für den Herzkatheter war die chronische Auslastungsschwäche des Krankenhauses Waidhofen/Ybbs, weniger die Gesundheit der Bevölkerung. Der heute wohl bekannteste Gesunheitsökonom Österreichs und ehemalige NÖ-LK-Holding-Mitarbeiter war kurze Zeit nach seiner Kritik am Herzkatheter WY kein Mitarbeiter mehr der NÖ-LK-Holding. Seitens der „Kardiologischen Gesellschaft“ hat es für den Herzkatheter WY ebenfalls eine ablehnende Haltung gegeben (LINK). Absolut berechtigt, wenn man die Zahlen zur Herz-Kreislauf-Sterblichkeit im Bezrik seit 2008 heranzieht. Denn seit der Inbetriebnahme des Herzkatheters WY Mitte 2008 ist die Herz-Kreislauf-Sterblichkeit im Bezirk massiv angestiegen – von 104 Todesfällen je 100.000EW (2008) auf 147 (2013) – siehe Abb. 1. Was Gesamt-Niederösterreich betrifft, können – wie in OÖ – keine durchgehend niedrigeren Herz-Kreislauf-Sterblichkeitsraten für NÖ Bezirke mit Herzkathetern beobachtet werden (siehe Abb. 2).

Alles in allem bleibt zu hoffen, dass Niederösterreich seine Herzkatheter-Strategie überdenkt. Sprich: sich die Landeskliniken-Holding von Landesrat Sobotka emanzipiert…


Abb. 1: Herz-Kreislauf-Sterblichkeit im Bezirk Waidhofen/Ybbs

Abb. 2: Herz-Kreislauf-Sterblichkeit in NÖ Bezirken

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Vorsicht, Regionalpolitiker können Ihre Gesundheit gefährden! Teil 1: Herzkatheter Braunau

Vorsicht, Regionalpolitiker können Ihre Gesundheit gefährden!

Teil 1: Herzkatheter Braunau

Wie man sich die Zahlen so hindreht, wie man sie gerade braucht, zeigte zuletzt der Innviertler Nationalratsabgeordnete Harry Buchmayr (LINK). Er forderte die Reaktivierung des Herzkatheters im Krankenhaus Braunau (LINK). Mit der Begründung, dass seit der Stilllegung des Herzkatheters (2011) die Herz-Kreislauf-Mortalität (HK-Mortalität) in OÖ gestiegen sei. Das stimmt zwar, die OÖ HK-Mortalitätsrate ist nämlich zwischen 2011 und 2013 von 136 HK-Todesfälle je 100.000EW auf 141 angestiegen. Allerdings ist der Anstieg nicht auf eine erhöhte HK-Todesfallrate im Bezirk Braunau zurückzuführen. Dort ist sie nämlich von 131 (2011) auf 129 (2013) gesunken!! Kurioserweise lässt sich der Anstieg der OÖ HK-Mortalitätsrate zu einem Großteil mit gestiegenen HK-Todesfällen in den Herzkatheter-Standort-Bezirken Linz und Wels erklären – siehe Abb. 1. Diese Zahlen sind in der BMG-Anfragebeantwortung der Herzkatheter-Anfrage des Abgeordneten Buchmayr ebenfalls enthalten (Seite 2: LINK), wurden aber unterschlagen. Wenn man sich nun strikt an den Zahlen der Anfragebeantwortung und an der Buchmayer-Argumentationslinie orientiert, hätte der richtige Schluss eigentlich der sein müssen, dass man die Herzkatheter in Linz und Wels schließen sollte, anstatt den Braunauer Herzkatheter zu reaktivieren. Alles in allem ist in OÖ Bezirken mit Herzkathetern keine niedrigere Herz-Kreislauf-Mortalitätsrate ersichtlich – siehe Abb. 2. Warum Buchmayr dennoch für einen Herzkatheter in Braunau plädiert, wirft einige Fragen auf! Offensichtlich geht es ihm bei seiner Forderung nach der Reaktivierung des Herzkatheters nicht notwendigerweise um die Gesundheit der Bevölkerung. Ein längerfristig denkender, nicht wahlkämpfender Politiker würde wahrscheinlich mehr Mittel für die Prävention anstatt für die Reparaturmedizin fordern.

Gesamte Buchmayr-Anfrage samt Beantwortung: LINK

Abb. 1: Herz-Kreislauf-Sterblichkeit in OÖ

Abb. 2: Herz-Kreislauf-Mortalität in OÖ Bezirken

 

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Die Salzburger GKK leistet wichtige Pionierarbeit

Die Salzburger GKK leistet wichtige Pionierarbeit

Wann wurde die Arche gebaut? Vor der Sintflut! Das denkt sich offensichtlich die Salzburger GKK (SGKK). Sie setzt sich seit 2013 für Mitsprache bei den Salzburger Landeskliniken (SALK) ein (LINK),  forderte im  Frühjahr erneut einen Posten im SALK-Aufsichtsrat (LINK) und warf der den Salzburger Spitälern vor kurzem stationäre Überversorgung der Salzburger Bevölkerung vor (LINK). Die SGKK meint es offensichtlich ziemlich ernst damit, im stationären Bereich Verantwortung zu übernehmen. Da das im österreichischen Gesundheitswesen so nicht vorgesehenen ist, leistet die SGKK enorme Pionierarbeit. Denn eigentlich sind im dual organisierten ö. System die Kassen für den ambulanten Bereich zuständig und die Länder für Spitäler. Und beide lassen sich mehr oder weniger gegenseitig in Ruhe bzw. ungern vom anderen dreinreden.

Aus finanzieller Sicht hätte die SGKK den Streit nicht nötig

An und für sich könnte die SGKK noch länger so weitermachen wie bisher. Denn sie schreibt kontinuierlich “Schwarze Zahlen” (LINK), liegt bei der ambulanten Ausgabenintensität besser als der Schnitt (Benchmark-Analyse Abb. 4)  und ist mit 342 Euro Reinvermögen je Versicherten die finanzstärkste Kasse im GKK-System (Abb. 1). Im Vergleich dazu konnte die weniger sparsame Wiener GKK zuletzt nur auf 5 Euro je Versicherten zurückgreifen (Abb. 1), trotz massiver Subventionierung von Bund und den anderen GKKn (inklusive SGKK). Umso beachtlicher ist es, dass sich die SGKK für mehr Verantwortung im stationären Bereich stark macht.

Ist der Überversorgung-Vorwurf berechtigt? Problemkind VR Salzburg-Süd

Was den Überversorgungs-Vorwurf der SGKK betrifft, lagen die Versicherten der SGKK überdurchschnittlich häufig im Spital. Der Altersstruktur entsprechend hätten die SGKK-Versicherten ca. 12% weniger oft im Spital aufgenommen werden dürfen (Benchmark: sämtliche ö. Kassen) – siehe Abb. 3; Benchmark-Analyse Abb. 5. Die Zahl deckt sich mit den Angaben der SGKK, wonach ca. 10-15% der Operationen (=10.000-15.000 Operationen) in den Salzburger Spitälern vermieden hätten werden können. Speziell in der „Versorgungsregion Salzburg Süd“ (Pinzgau, Pongau, Lungau) nimmt die Bevölkerung das stationäre Angebot außergewöhnlich oft in Anspruch – siehe Abb. 2. „Salzburg Süd“ zählt zu den am stärksten versorgten Regionen in Österreich. Betrachtet man die ÖSG-Bedarfszahlen, die von sämtlichen Bundesländern unterschrieben und mitgetragen werden, waren die Salzburger aus der VR Salzburg Süd bei jeder fünften ÖSG-Leistungsgruppe (22 von 98) stark überversorgt – siehe Abb. 6. Zu den häufigsten Leistungen zählen z.B. Arthroskopien und Herzkatheter-Untersuchungen – siehe Abb. 7! Die „Versorgungsregion Salzburg Nord“ (Flachgau, Salzburg Stadt, Tennengaug) ist, was Überversorgung, im Versorgungsregions-Vergleich nicht auffällig. „Nur“ bei jeder zehnten ÖSG-Leistungsgruppe (11 von 98 Leistungsgruppen) lag zuletzt Überversorgung vor.

(Info: Der ÖSG definiert in der Versorgungsmatrix ca. 100 Leistungsgruppen und ca. weitere 100 Diagnose-Gruppen. Für diese werden regionale Bedarfswerte ermittelt – LINK)

Die Politik fördert „Angebotsinduzierte Nachfrage“

Stationäre Überversorgung ist in der Regel eine Folge von Überversorgung im stationären Bereich – Angebotsinduzierte Nachfrage  („a built bed is a fuilt bed“). Je schlechter die regionale Versorgungsplanung, desto du stärker die Versorgungsunterschiede und Inanspruchnahme in den Regionen. An Überversorgung sind also in erste Linie nicht notwendigerweie die Ärzte Schuld, sondern die für die stationäre Versorgungsplanung verantwortlichen Personen. In Salzburg, wie in allen anderen Bundesländern, die Politik. Der Arzt, der in den schlechtausgelasteten Spitälern über den Bedarf hinaus zu operieren beginnt, ist im Grunde genommen nur ein Symptom.

SGKK Angst vor Zunahme der stationären Überversorgung?

Da das Land Salzburg vor kurzem begonnen hat Salzburger Regional-Spitäler aufzukaufen, ist eine Zunahme der Überversorgung zu befürchten. Denn die zuletzt erworbenen Spitäler Tamsweg und Hallein kämpfen mit massiven Auslastungsproblemen (lt. Salzburg-Wiki: Hallein: 64%; Tamsweg: 66%). Und da Landespolitiker in der Regel ihre Aufgaben nur sehr schleppend angehen, speziell was überkapazitäre Spitäler betrifft, scheint nun auch die SGKK eine Zunahme von Überversorgung zu befürchten. Denn das Beispiel Niederösterreich hat gezeigt, dass Landespolitiker in der Regel die Fehlversorgungsproblematik eher verstärken als lösen. So liegen in NÖ 8 Jahre nach der Übernahme sämtlicher NÖ Spitäler durch das Land NÖ die jungen Mostviertler 25% häufiger im Spital als die älteren Industrieviertler…

Expertenrunden sollen den Überversorgungsvorwurf klären

Aktuell er Stand des Diskurses ist, dass sich Experten von Kassen zusammensetzen sollen und etwaige Überversorgungserscheinungen beraten. Grundsätzlich ist der Begriff “Expertenrunde” in Österreich ein Synonym für „Schubladierung“ eines Themas. Allerdings ist nichts dagegen einzuwenden, dass das Thema medial wieder etwas abflaut. Wichtig ist nur, dass die Ärzte die Versorgungszahlen zu Überversorgung ( und Unterversorgung) endlich mal zu Gesicht bekommen, und dass kann nur in solchen Expertenrunden geschehen. Die Zahlen liegen ja an und für sich schon längst vor. Die Landes-Fonds bekommen laufend die Versorgungszahlen vom Bundes-Gesundheitsplanungs-Institut (ÖBIG) zu Verfügung gestellt. Nur kommen die Zahlen in der Regel nie bei den Ärzten an… Es ist aber davon auszugehen, dass die SGKK dafür sorgen wird, dass Expertenrunden nicht zu Schubladierungsrunden des Themas verkommen.

Abschließend sei gesagt, dass das Vorhaben der SGKK, im stationären Bereich mehr Verantwortung zu übernehmen, beachtlich ist. Sie leistet gewaltige Pionierarbeit, und das obwohl eine finanzielle Not der SGKK nicht annähernd gegeben ist. Ziemlich untypisch für Österreich, wo in der Regel so lange herumgewurschtelt wird bis nichts mehr geht. Die SGKK wird bei ihrem Vorhaben höchstwahrscheinlich noch einiges an Gegenwind bekommen. Selbst von den Landes-GRÜNEN und den Salzburg-Stadt-NEOS gibt es keine Unterstützung. Aber ich glaube, es zahlt sich aus, weiterhin auf die Landespolitik Druck auszuüben. Es wäre sicherlich durchaus sinnvoll, würde längerfristig die gesamte Finanz-Verantwortung (ambulanter + stationärer Bereich) zu den Kassen wanderen -  wie international in Krankenkassen-Ländern üblich.

 

GRAFISCHER ANHANG

Vermögenssituation der ö. Krankenkassen:

Abb. 1: Reinvermögen der GKKn

 

KH-Aufenthaltshäufigkeit in den österreichischen Versorgungsregionen:

Abb. 2: Aufenthaltshäufigkeiten in Österreich

 

Wie sind die Versicherten der GKKn im ambulanten und stationären Bereich versorgt – überdurchschnittlich, normal oder unterdurchschnittlich

 

Abb. 3: Abweichungen von den Erwartungswerten

 

Gibt eine Krankenkasse der Altersstruktur ihrer Versicherten entsprechend “überdurchschnittlich viel”, “normal viel” oder “unterdurchschnittlich viel” aus:

Abb. 4: Ausgabenintensität im niedergelassenen Bereich

 

Sind die Versicherten einer Kassen ihrem Alter entsprechend stationär über-, normal- oder unterversorgt:

Abb. 5: Spitalshäufigkeit

 

Bie wie vielen ÖSG-Leistungsgruppen sind die ö. Versorgungsregionen stark über-, normal- und stark unterversorgt:

Abb. 6: Bedarfs-Überschreitungen 2013

 

Bei welchen ÖSG-Leistungsgruppen tritt in den Salzburger Versorgungsregionen starke Überversorgung auf (Tat. Aufenthalte 15% über Bedarf):

Abb. 7: Bedarfsüberschreitung in “VR 51 Salzburg Nord” und “VR 52 Salzburg Süd”
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